Erdogan siegt und droht
31. März 2014"Wir werden sie bis in die Höhlen verfolgen, sie werden den Preis bezahlen" - mit drastischen Worten drohte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor jubelnden AKP-Anhängern in der Hauptstadt Ankara seinen politischen Widersachern. Zuvor hatte seine Partei bei den Kommunalwahlen landesweit mehr als 45 Prozent aller Stimmen erhalten.
Für die Opposition war es dagegen ein rabenschwarzer Wahltag. Nach monatelangen Demonstrationen gegen Erdogan und die AKP mussten sich die Regierungsgegner in nahezu allen Städten und Gemeinden klar geschlagen geben. Am Ende bekam die oppositionelle CHP 28 Prozent der Stimmen.
Debakel für die Opposition
Nicht einmal in den großen türkischen Städten wie Ankara und Istanbul, die als Zentren des Widerstands immer wieder die Schlagzeilen der vergangenen Monate bestimmten, schafften es die Oppositionskandidaten an die Macht. In Istanbul siegte AKP-Amtsinhaber Kadir Topbas klar gegen seinen Herausforderer Mustafa Sarigül von der säkularistischen CHP.
In Ankara war das Rennen dagegen so knapp, dass zunächst beide Bewerber den Sieg für sich reklamierten. Am Ende konnte sich der amtierenden Bürgermeister von der AKP, Melih Gökcek, mit 44,7 Prozent der Stimmen gegen den CHP-Kandidaten Mansur Yavas durchsetzen, der 43,8 Prozent erhielt. Aufgebrachte CHP-Anhänger sprachen von Wahlbetrug und kündigten an, gegen das Ergebnis Einspruch einlegen zu wollen.
Ein Land vor der Spaltung
Die Kommunalwahlen wurden von vielen Beobachtern als Stimmungstest dafür angesehen, wie viel Rückhalt Ministerpräsident Erdogan nach den monatelangen Protesten und nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals bei der Bevölkerung noch hat.
Das klare Votum für Erdogans AKP kann jedoch nach Ansicht von Experten nicht vertuschen, dass die Türkei mehr denn je von einer Spaltung bedroht ist. Durch die Drohungen in Richtung der Opposition verschärft der Ministerpräsident die Spannungen weiter.
Erdogan sieht seinen ehemaligen Weggefährten, den im Exil in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen, als treibende Kraft hinter den regierungsfeindlichen Protesten und den im Internet veröffentlichten Korruptionsvorwürfen gegen sich. Um Gülens Einfluss zu verringern, hat Erdogan in den vergangenen Monaten Tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte als mutmaßliche Gülen-Gefolgsleute versetzt und die Internetplattformen Twitter und YouTube sperren lassen.
Überschattet wurden die Wahlen durch gewalttätige Ausschreitungen im Südosten des Landes, bei denen mindestens neun Menschen ums Leben kamen.
Märkte reagieren freundlich
An den Finanzmärkten sorgte der Ausgang der Kommunalwahlen für Erleichterung. Die Stärkung für die Regierungspartei AKP beende die wochenlangen Turbulenzen, die wochenlang die Märkte erschüttert hatten, äußerten sich Analysten nach dem Wahltag.
Finanzminister Mehmet Simsek rechnet damit, dass sich die türkische Wirtschaft durch eine stärkere Binnennachfrage weiter erholen werde, wenn sich nach den Wahlen die politische Lage wieder beruhigt haben sollte.
mak/sc (afp, dpa, rtr)