Erdogan trifft EU-Spitze in Brüssel
25. Mai 2017Zur Begrüßung geben sich EU-Ratspräsident Donald Tusk und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Hand. Zusammen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker beraten sie in Brüssel über die Zukunft der Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei.
Erdogans angekündigte Wiedereinführung der Todesstrafe ist ein Streitthema. Die EU droht mit dem Ende der im Jahr 2005 gestarteten Beitrittsgespräche, falls die Türkei die Todesstrafe einführen sollte. Nicht vergessen sind auch Erdogans Nazi-Methoden-Vorwürfe gegenüber EU-Staaten wie Deutschland und den Niederlanden. Dennoch arbeitet die Union mit Erdogan bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise eng zusammen und stellt dafür Milliarden Euro bereit.
Repressionen gegen Regimekritiker
Wegen des massiven Vorgehens Erdogans gegen türkische Regierungskritiker liegen die Beitrittsgespräche seit dem Putschversuch vom vergangenen Juli de facto auf Eis. Die EU äußert seit Monaten Sorge über mögliche Rechtsstaatsverstöße. Nach eigenen Angaben hat Tusk die Frage der Menschenrechte ins Zentrum seiner Gespräche gestellt. Zudem habe man über die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen der EU und der Türkei diskutiert, twittert Tusk nach dem Treffen.
Der EU-Kommission zufolge sprach Erdogan mit Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker rund 40 Minuten und dann eine halbe Stunde nur mit Juncker. Nach seinem Treffen mit Tusk und Juncker wollte Erdogan am Brüsseler NATO-Gipfel teilnehmen.
Merkel droht Erdogan mit Incirlik-Abzug
Ein Treffen Erdogans mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande des Gipfels galt als möglich. Wegen eines von Ankara verhängten Besuchsverbots für Bundestagsabgeordnete erwägt die Bundesregierung derzeit einen Abzug deutscher Soldaten vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Bei ihrer Ankunft im NATO-Hauptquartier in Brüssel sagte sie, sie werde auf dem Besuchsrecht von Bundestagsabgeordneten bei deutschen Soldaten in Incirlik bestehen. Sie werde dies im Gespräch mit Erdogan "sehr deutlich" machen, so Merkel. "Ansonsten müssen wir Incirlik verlassen."
In der Türkei inhaftierter Franzose im Hungerstreik
Im Ringen um die Freilassung des bereits seit mehr als zwei Wochen in der Türkei inhaftierten französischen Fotojournalisten Mathias Depardon sicherte Erdogan dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine "schnelle" Prüfung der Angelegenheit zu. Das teilte Macrons Büro mit. Die Präsidenten hatten sich am Rande des NATO-Gipfels in Brüssel zu einem separaten Gespräch getroffen.
Die Türkei begründe die Haft laufenden Ermittlungen wegen "Terrorpropaganda" auf Grund von Fotos, die der "National Geographic"-Fotograf in sozialen Medien geteilt habe, und seine fehlende Akkreditierung, sagte die Anwältin Depardons. Aus Protest dagegen sei der Fotojournalist am vergangenen Sonntag im Abschiebezentrum in der südosttürkischen Stadt Gaziantep in einen Hungerstreik getreten.
pab/qu (afp, dopa, rtr)