Erfolg für die Homo-Ehe
8. November 2012
Es ist ein großer Erfolg für Schwule und Lesben in den USA. Denn es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass sich die Mehrheit der Wähler in einer Abstimmung für die Homo-Ehe ausspricht. Und das gleich in allen vier Bundesstaaten, deren Wähler am Dienstag (06.11.2012) nicht nur für die Wahl des Präsidenten, sondern auch zum Thema Schwulenrechte an die Wahlurnen gerufen wurden. Die Wähler in den US-Bundesstaaten Maine und Maryland sprachen sich in den Referenden für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus. Im Staat Washington, wo das Parlament vorab die gleichgeschlechtliche Ehe genehmigt hatte, billigten die Wähler das neue Gesetz. Die Volksabstimmung in Minnesota kippte dagegen ein Gesetz, dass die Ehe unter Homosexuellen verbieten wollte.
Mehrheit der Wähler für die Homo-Ehe
Dass sich nun die Menschen in gleich vier Staaten zugunsten der Homo-Ehe positionierten, wertet Evan Wolfson, Präsident der Organisation Freedom to Marry als Meilenstein in der Geschichte der Schwulen- und Lesbenbewegung: „Wir haben nicht nur mehr Staaten in denen wir heiraten dürfen. Wir haben auch gezeigt, dass wir nicht nur vor Gericht und in der Gesetzgebung gewinnen, sondern auch die Stimmen der Wähler“, sagt er, „Das überzeugt in Zukunft sicher noch mehr Entscheidungsträger.“
Bisher ist die Homo-Ehe nur in sechs US-Bundesstaaten und dem District of
Columbia erlaubt. Doch hier setzten das Gerichte oder Gesetzgeber durch, die Zustimmung kam nicht von der Bevölkerung. Im Gegenteil: Landete das Gesetz ein Mal in einem Referendum, dann scheiterte es bisher an den Wählern. In jeder einzelnen Volksabstimmung. Am meisten Aufsehen erregte damals die Debatte um die Homo-Ehe im Bundesstaat Kalifornien. Hier legalisierte der kalifornische Gerichtshof die gleichgeschlechtliche Ehe, das Gesetz wurde jedoch in nur vier Monaten von den Wählern in einem Referendum wieder ausser Kraft gesetzt.
Finanzielle Benachteiligung
Geht es um Liebesbeziehungen gleichgeschlechtlicher Paare, dann ist das Land tief gespalten. Erst 2003 schaffte der letzte Bundesstaat das Verbot für Schwule und Lesben ab, ihre Sexualität zu leben. In vielen Staaten werden sie noch immer diskriminiert. Es gibt kein bundesweites Gesetz, dass Homosexuelle am Arbeitsplatz vor Diskriminierung schützt. In 30 von 50 Bundesstaaten ist es strafbar, als Mann seinen Freund zu heiraten. Und auch gleichgeschlechtliche Ehepaare, die in einem Bundesstaat leben, in dem die Eheschließung möglich ist, sind dennoch nicht gleich gestellt. Ein Gesetz etwa verwehrt verheirateten Schwulen und Lesben die Sozialversicherungs- und Steuernachlässe, die verheirateten Paaren normalerweise zustehen.
Umso wichtiger ist es für Evan Wolfson sich aktiv für die Gleichberechtigung Homosexueller einzusetzen. Die Ergebnisse der Volksabstimmung deutet er als wichtigen Erfolg und Zeichen dafür, dass sich die Stimmung im konservativen Amerika langsam ändert. Das hatte auch Barack Obama bemerkt und sprach sich im Mai dieses Jahres für die Homo-Ehe aus obwohl er im Wahlkampf 2008 noch dagegen argumentierte. Evan Wolfson glaubt, dass habe ihm bei der Wahl sogar zusätzliche Stimmen eingebracht, statt Wähler zu verschrecken: „Ich denke, die Positionierung des Präsidenten war ein wichtiges Signal für viele andere, dass auch sie ihre Meinung ändern können, so wie er seine Meinung geändert hat.“
Unterstützung vom Präsidenten
Auch Umfragen zeigen, wie sich die Stimmung in den USA ändert. Im Jahr 1996 waren nach einer Umfrage nur 25 Prozent der Amerikaner für eine Legalisierung der Homo-Ehe. Im Mai dieses Jahres war zum ersten Mahr mehr als die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung für gleichgeschlechtliche Ehe. „Besonders die jüngere Generation versteht nicht mehr, warum die Ehe ausschließlich Beziehungen zwischen Mann und Frau vorbehalten sein soll“, sagt Boris Dittrich von der Organisation Human Rights Watch, “Die Zahl der Menschen, die die Homo-Ehe unterstützten, wächst, weil sie immer mehr gewohnt sind, zwei Frauen oder zwei Männer zu sehen, die einander heiraten.”
Boris Dittrich hofft, dass die Entscheidung der Referenden auch auf den Obersten Gerichtshof einen Einfluss hat. Bis Ende November wird hier eine Entscheidung darüber erwartet, ob das Verbot der Homo-Ehe von 2008 gegen die amerikanische Verfassung verstößt. Sollte das Gericht so entscheiden, könnten auch heiratswillige Schwule und Lesben aus den restlichen 30 Bundesstaaten hoffen. „Das hieße, dass auch Menschen in anderen Staaten, in denen die Homo-Ehe verboten ist, versuchen zu heiraten. Und wenn man es ihnen nicht erlaubt, dann werden sie sich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes berufen und ein Verfahren anstreben“, sagt Boris Dittrich. Die Folge könnte sein, hofft er, dass irgendwann landesweit jeder heiraten kann, wen er das will.
Offenheit auch im Senat
Wie sehr sich Stimmung ändert zeigt sich auch an einem weiteren Beispiel der US-Wahlen. Die fünfzigjährige Tammy Baldwin wurde als erste offen lesbische Politikerin als Mitglied des Senates gewählt. Sie vertritt ab sofort Wisconsin. Ein Bundesstaat, in dem gleichgeschlechtliche Ehe nicht nur verboten ist, sondern auch mit bis zu 10.000 Dollar oder Gefängnisstrafe bestraft wird. Zumindest bis jetzt.