Ergebnisoffene Gespräche - wieder einmal
11. Juni 2015Kurz nach Mitternacht war das Dreiergespräch zwischen Angela Merkel, Francois Hollande und Alexis Tsipras nach rund zweistündiger Dauer bereits wieder zu Ende. Die erneute Seelenmassage für den griechischen Premierminister war etwas schneller vorbei als bei früheren Treffen.
Die stundenlang wartende Presse wurde schließlich mit ein paar dürren Sätzen abgespeist: Man habe sich in konstruktiver Atmosphäre über den Stand der Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den drei Institutionen ausgetauscht. Und: Es bestehe Einigkeit, dass die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen mit hoher Intensität fortgesetzt werden sollen.
Damit erkennen die Beteiligten an, dass die Zeitnot immer größer wird. Ungewöhnlich war dabei, dass der sonst so auskunftsfreudige griechische Ministerpräsident das Ratsgebäude ohne Kommentar verließ. Das Rätselraten um einen möglichen Durchbruch geht also weiter.
Verhandelt wird woanders
Schon vor Beginn hatte die deutsche Seite die Erwartungen tiefer gehängt: Das trilaterale Treffen sei nur ein Meinungsaustausch, keine Verhandlung. Auch Angela Merkel hatte darauf hingewiesen, dass nur die Institutionen – die Gruppe der Gläubiger mit IWF, EZB und EU-Kommission – eine offizielle Lösung bringen könne. Die eigentliche Arbeit müsse dort gemacht werden, so die Kanzlerin.
Auch im Laufe dieses Tages hatte es übrigens den beim Thema Griechenland üblichen Zickzack-Kurs in der Informationspolitik gegeben. Ein Dreiertreffen solle nur stattfinden, wenn Tsipras mit einem Angebot käme. Dann wiederum hieß es, man wolle auf jeden Fall miteinander reden. Die Europäer scheinen inzwischen das bisher von den Griechen praktizierte Pokerspiel mit wechselnden Ansagen nachzuahmen.
Gerüchteküche brodelt
Statt harter Nachrichten hatte zeitweise die Gerüchteküche die Schlagzeilen gemacht. In New York sorgte Stunden vor dem Brüsseler Treffen eine Meldung von einem angeblichen weitreichenden Nachgeben Deutschlands beim geforderten Reformkurs sogar für steigende Kurse am Aktienmarkt – wenig später dementierte die Bundesregierung allerdings den Bericht.
Gleichzeitig senkte wiederum die Rating Agentur Standard & Poor's die Bewertung für Griechenland erneut, weil man nicht an eine tragfähige Lösung des Schuldenproblems glaube. Jetzt steht Athen am Finanzmarkt nur noch um zwei Punkte von der Staatspleite entfernt.
Die Entscheidung der EZB wiederum, den griechischen Banken 2,3 Milliarden Euro mehr an ELA-Notkrediten zur Verfügung zu stellen, legten Beobachter als positives Zeichen aus. Die Eurozone wolle Athen unbedingt weiter in der Gemeinschaftswährung halten. Und selbst der sonst so skeptische Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem erklärte am Rande seines Finnlandbesuchs, man könne sich jetzt innerhalb weniger Tage einigen. Allerdings gebe es bis zum nächsten Treffen der Finanzminister noch einige Arbeit zu leisten.
Juncker und Tsipras verhandeln wieder
Jean-Claude Juncker, dem EU Kommissionchef sei es zu verdanken, dass Alexis Tsipras erneut Kompromissbereitschaft zeige, so die Interpretation eines kurzen Vieraugengespräches zwischen den beiden. Dabei soll Juncker sich mit dem Griechen wieder versöhnt haben, der ihn zuletzt durch seine Widersprüchlichkeit und Sprunghaftigkeit genervt hatte. Jedenfalls kommen beide im Laufe des Tages erneut zusammen, um die Gespräche fortzusetzen.
Auch die griechische Seite streute hierzu fleißig Gerüchte: Tsipras sei jetzt bereit, sich auf den geforderten Haushaltsüberschuss von 1 Prozent für dieses Jahr einzulassen. Bleiben noch zwei bis drei weitere zentrale Streitpunkte bei Rentenreform, Mehrwertsteuer und Privatisierungen auszuräumen.
Aus Athen bestätigten griechische Pressemeldungen auch, dass die Regierung eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden zweiten Hilfsprogrammes bis zum Frühjahr nächsten Jahres wünsche. Damit soll die mittelfristige Liquidität des Landes gesichert werden, denn die Griechen wollen dadurch Zugriff auf knapp 11 Milliarden Euro aus den Mitteln für die Bankenrettung erhalten und möglicherweise eine Umschuldung von EZB-Forderungen. Damit bekäme Athen mittelfristig etwas Bewegungsspielraum, allerdings war eine solche Verlängerung bisher noch nicht Gegenstand der Verhandlungen.
Es wird sich bald zeigen, ob diese Wünsche die Gespräche sprengen oder zur Lösung der Probleme beitragen könnten, wenn Alexis Tsipras im Gegenzug weitere Reformzugeständnisse an die Gläubiger macht.