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Ergänzung statt Konkurrenz

Thomas Bärthlein5. Juli 2003

Indien und China sind riesige Märkte und durch die niedrigen Lohnkosten auch günstige Produktionsstandorte. Aus diesen Gründen zieht es immer mehr mittelständische deutsche Unternehmen nach Osten.

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Masse und Klasse?Bild: AP

Es ist ein Fall wie aus dem Lehrbuch. Die deutsche IBG-Holding gründet 1996 zwei etwa gleich große Tochterunternehmen: Fabriken für Schweißbrenner. Die eine im indischen Pune, die andere in der Provinz Guangdong im Süden Chinas.

Der Vergleich sieben Jahre später ergibt ein erstaunliches Ergebnis: Die Arbeit in Indien ist wesentlich billiger und die Qualität eindeutig besser, sagt Geschäftsführer Richard Sattler. Das Qualitätsmanagement funktioniere in China nicht richtig, meint der Unternehmer. Und das lokale Management sei viel zu verliebt in Hierarchien, ganz im Gegensatz zu Indien.

China: Standort für Massenproduktion

Möglicherweise ist Sattlers Beispiel nicht in allen Punkten typisch. Vielleicht liegen seine Schwierigkeiten in China einfach daran, dass er ein hundertprozentiges Tochterunternehmen ausschließlich von örtlichen Managern führen lässt.

Letzten Endes aber hinkt jeder Vergleich, sagt der Unternehmer Rudolf Weiler aus Norderstedt bei Hamburg, der ebenfalls in beiden Ländern Erfahrungen gesammelt hat. Als Zulieferer für Siemens und Autofirmen verdient er in China seit achtzehn Jahren gutes Geld. Wenn für billiges Geld gute Handarbeit in Massenproduktion erledigt werden muss, sei der Standort China hundertprozentig der beste Standort. Das gleiche Produkt würde in Indien das Drei- oder Vierfache kosten.

Indien: Klasse statt Masse

Gut ausgebildete, selbstständig denkende Arbeitskräfte seien die Stärke Indiens. Es komme also vor allem auf das Produkt und die notwendige Technologie an. Indien und China sind keine Konkurrenten, sondern ergänzen sich. Bei der Massenfertigung ist Indien noch aus einem anderen Grund im Nachteil, bestätigt auch Richard Sattler: Die Entwicklung der Infrastruktur bleibt weit hinter China zurück.

Sattlers IBG bleibt denn auch trotz ihrer Probleme in China im Geschäft, schon wegen des riesigen Inlandsmarkts. Bevor China 1979 mit seinen Wirtschaftsreformen begann, war das Pro-Kopf-Einkommen in beiden Ländern gleich niedrig. Inzwischen verdient der Durchschnitts-Chinese doppelt so viel wie sein indischer Kollege, und das spürt jeder Unternehmer an der Nachfrage.

"80 Prozent aller deutschen Investitionen, die in Indien getätigt sind, wirken sich positiv aus", resümiert Rudolf Weiler. "In China kann man maximal von zwanzig Prozent ausgehen." Dennoch fließen - offiziellen Zahlen zufolge - nach Indien viel weniger Auslandsinvestitionen als nach China: Das Verhältnis ist ungefähr eins zu zwanzig.