Vertreter des deutschen Judentums
Die Plattform "Tsurikrufn" (jiddisch für "erinnern") gedenkt im Netz deutsch-jüdischen Kulturschaffenden vor 1933. Wir stellen acht Persönlichkeiten vor.
Friedl Dicker (1898-1944)
Die österreichisch-tschechische Architektin, Fotografin, Malerin und Pädagogin war eine der erfolgreichsten Studentinnen am Bauhaus. In den 1920er-Jahren konnte sie sich mit ihren Innenraumgestaltungen durchsetzen. Auch stellte sie wichtige Weichen für die Kunsttherapie. Mit Umwegen über Wien und Prag wurde sie 1942 nach Terezín (Theresienstadt) deportiert. 1944 wurde sie in Auschwitz umgebracht.
Joseph Joachim (1831 - 1907)
Joseph Joachim wird am 28. Juni 1831 in Kittsee (Köpcsény), unweit von Pressburg (Bratislava), als siebtes Kind einer ungarisch-österreichischen jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. 1843 geht der talentierte Geiger nach Leipzig an das neugegründete Konservatorium. Er musiziert und komponiert. Im Beethovenhaus organisiert er später die erste Bonner Schumann-Ausstellung. Er starb am 15. August 1907.
Fritz Haber (1868-1934)
Der Nobelpreisträger für Chemie schuf zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seiner Arbeit zur Ammoniaksynthese die Basis für die Herstellung unbegrenzter Mengen von Kunstdünger. Damit trug er dazu bei, dass die Ernährung einer rasch wachsenden Weltbevölkerung gesichert werden konnte. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde er arbeitslos und musste Deutschland verlassen.
Hanns Ludwig Katz (1892-1940)
Er war Künstler und Kunsthistoriker, veranstaltete mit seiner Frau Franziska Konzerte und Vorträge. Der im Frankfurter Kulturbund Deutscher Juden aktive Maler träumte von einer jüdischen Künstlersiedlung in Jugoslawien. Der Nationalsozialismus zwang ihn zur Emigration nach Südafrika. So geriet sein Werk in Vergessenheit. Nur 76 Gemälde sind erhalten, elf beherbergt die Kunsthalle Emden.
Julius F. Wollf (1873-1942)
Obwohl der 1873 geborene Journalist in einer strenggläubigen jüdischen Familie aufwuchs, spielte religiöse Zugehörigkeit für ihn keine Rolle. Ab 1903 leitete er die Dresdner Neuesten Nachrichten, die damals größte Zeitung Sachsens. 1930 eröffnet in Dresden das Deutsche Hygiene-Museum, u.a. dank Wollfs Engagement. 1942 nahm er sich mit seiner Frau das Leben, um der Deportation zu entfliehen.
Lucian Bernhard (1883-1972)
Der 1883 geborene Gestalter trug maßgeblich zur Entwicklung des modernen Designbegriffs bei. Er prägte die Werbung und die Kultur zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er schuf eine eigene Schrifttype namens "Bernhard". Im Laufe seiner Karriere entwarf Bernhard außerdem Plakate, Verpackungen, Textilien, Interieurs und Marken für viele Unternehmen. Er emigrierte 1923 von Berlin nach Amerika.
Kurt Pinthus (1886-1973)
Der Autor war in vielen Sparten bewandert: Musik, Theater, Literatur. Er gilt als Vorreiter der expressionistischen Literatur des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Als Lektor und Kritiker hat er unter anderem für die "Frankfurter Zeitung" geschrieben. 1937 emigrierte er in die USA und wurde später Professor für Theatergeschichte an der Columbia-Universität in New York.
Tuvia Rübner (1924-2019)
Den Lyriker beschäftigte Zeit seines Lebens - vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Überlebender des Nationalsozialismus - die Frage, wie der Holocaust literarisch thematisiert werden könne. Für seine Gedichte erhielt er zahlreiche Preise. Mehr Informationen über deutsch-jüdische Persönlichkeiten und ihr Wirken lassen sich in dem digitalen Erinnerungsprojekt "tsurikrufn.de" finden.