Erleichterung über Schuldenschnitt für Griechenland
9. März 2012Griechenland ächzt unter einem Schuldenberg von rund 350 Milliarden Euro. 206 Milliarden davon fallen auf Privatgläubiger. Das sind Banken, Versicherungen, Fonds und Privatanleger. Nun haben sich 85,8 Prozent dieser Gläubiger bereit erklärt, auf über 53 Prozent des Nennwerts ihrer griechischen Anleihen zu verzichten. Was hinter dieser scheinbar großzügigen Geste steckt, ist die blanke Angst, dass sie im Falle einer ungeordneten Insolvenz des griechischen Staates einen Totalverlust erleiden würden.
Diese Gefahr ist vorerst gebannt. Doch ist die Beteiligung am freiwilligen Schuldenschnitt für die griechische Regierung nicht hoch genug. Angestrebt wurde eine Zustimmungsquote von über 90 Prozent. Sie wolle den Rest der Privatgläubiger nun zum Schuldenschnitt zwingen, hat Athen am Freitagmorgen (09.03.2012) angekündigt.
Schuldenschnitt muss erzwungen werden
Geht man denn so mit seinen Geldgebern um? Was dreist klingt, ist letztlich für die Griechen unumgänglich. "Das ist erforderlich, da im Rahmen des zweiten Rettungspaketes angepeilt wurde, einen Schuldenschnitt von 106 bis 107 Milliarden Euro zu erreichen", sagt Ralf Umlauf, Marktstratege bei der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, zu DW. Und das ist nur möglich bei einer Beteiligungsquote von rund 90 Prozent.
Mit anderen Worten: Ohne eine ausreichende Beiteiligung privater Gläubiger gibt es kein zweites Rettungspaket. Das zwingt die Athener Regierung, die Umschuldungsklauseln zu aktivieren. Ein entsprechendes Gesetz wurde Ende Februar vom griechischen Parlament verabschiedet.
Was monatelang befürchtet wurde, ist nun nicht mehr schlimm
Somit ist der Schuldenschnitt nicht gänzlich freiwillig, sondern teilweise erzwungen. Ein Szenario, das die Politiker in der Eurozone auf jeden Fall vermeiden wollten. "Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass dadurch die Credit Default Swaps (CDS), die Kreditausfallversicherungen aktiviert werden", sagt Ralf Umlauf. Und anfänglich hätten europäische Politiker Sorgen, dass das zu neuen Verwerfungen führen könnte, so der Helaba-Experte weiter.
Nun werden diese CDS doch ausgelöst. Bloß die Einschätzung über die Folgen hat sich geändert. Ein Volumen von rund drei Milliarden Dollar würde die Finanzmärkte doch nicht erschüttern, so die aktuelle Meinung der Politik.
Das Marktprinzip wird nicht verletzt
Während die Politiker ihren Lernprozess durchlaufen, sind Ökonomen und Analysten eher erleichtert darüber, dass sich das Marktprinzip nun doch durchsetzt. So auch Ralf Umlauf: "Ansonsten würde man natürlich sehr große Fragezeichen an diesen CDS-Markt machen müssen. Welchen Sinn hat es, dort Prämien zu bezahlen, wenn im Falle eines Ausfalles die Versicherungsleistung nicht gezahlt wird."
Der Verzicht von über der Hälfte des Nennwerts der Anleihen wird somit für einen kleinen Teil der Anleger durch eine ausgezahlte Versicherungsprämie versüßt. Für die meisten Privatgläubiger kann der tatsächliche Verlust bis zu 74 Prozent betragen, denn sie müssen nun ihre alten Papiere gegen neue austauschen mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren und zudem eine niedrigere Rendite in Kauf nehmen.
Der Schnitt könnte Griechen aus der Schuldenfalle helfen
Der für Privatgläubiger schmerzhafte Schuldenschnitt könnte Griechenland zu einer positiven Wende verhelfen, denn der Schuldenberg wird auf 250 Milliarden Euro verringert. "Das entspricht ungefähr der Größenordnung vor 2007", sagt Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank. "Aber seitdem haben wir massiv Reformen umgesetzt. Und damit sind die strukturellen Bestandteile der Defizite weitestgehend eliminiert", so Hellmeyer zu DW.
Einen Marshall-Plan fordert er für das krisengeplagte Land, um das Wachstum anzukurbeln. Vor allem müsse die Effizienz der Administration gesteigert werden: "Hier empfehle ich der griechischen Regierung, die Angebote von Herrn Schäuble, Fachleute von uns temporär zu übernehmen, anzunehmen." Das sei ein Weg, um Griechenland in die Spur Europas zu führen und zwar auf nachhaltige Art und Weise.
Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Henrik Böhme