Erneuerbare Energien in der Dominikanischen Republik - Potential in Kinderschuhen
5. Mai 2008
Ein kurzes Flackern, dann gehen die Lichter aus. Stromausfall in der Altstadt von Santo Domingo. Die Apagones, Stromausfälle, gehören zum Alltag der Dominikaner. Täglich wird ihnen für mehrere Stunden der Strom abgedreht. Viele versorgen sich mit Hilfe von Dieselgeneratoren oder Batterieanlagen. Touristen auf der beliebten Ferieninsel müssen sich keine Sorgen machen, bei ihnen fließt immer Strom - manche Hotelanlagen haben sogar eigene Kraftwerke.
Einzige Lichtquelle: die Kerze
Für die Bewohner in den ärmeren Vierteln sind die Stromausfälle besonders belastend. „Jeden Abend zünden wir Kerzen an“, sagt María Tejada. Es ist sieben Uhr abends in dem Vorort Guachupita. Die Sonne ist gerade untergegangen und die Hitze des Tages liegt noch in der Luft. Die Straße ist stockdüster. „Wenn es Abend wird, sollte man so schnell wie möglich nach Hause gehen. Die Diebe haben ja freie Hand“, sagt María Tejada. Sie und ihre Nachbarn fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen. "Wir sind Waisenkinder."
„Weg vom Erdöl!“
Als Grund für die Stromausfälle nennt Energieexperte Doroteo Rodríguez die unzureichende und veraltete Infrastruktur im Bereich Stromversorgung. Außerdem stellen Kraftwerksbetreiber häufig den Strom vorübergehend ab, weil Rechnungen nicht bezahlt werden, weder von den Verbrauchern noch vom Staat, der die Strompreise subventioniert.
„Wir müssen endlich auf Alternativen zum importierten Erdöl umsteigen“, fordert Rodríguez. Mit seiner Hilfe hat die dominikanische Regierung ein Gesetz ausgearbeitet, das die Energiegewinnung aus alternativen Quellen fördert. Es wurde im Juli 2007 verabschiedet. Das Gesetz soll Investitionen im Energiebereich attraktiver machen, beispielsweise durch die Befreiung von Zöllen auf importierte Maschinen und Steuervergünstigungen auf Biokraftstoffe. Das Ziel: Bis zum Jahr 2020 soll das Land 20 Prozent seines Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien decken.
Ungenutztes Potential
Sonne und Wind, Wasser und Biomasse - alternative Energiequellen hat die Dominikanische Republik reichlich. Von ihnen könnten auch Menschen in entlegenen Gebieten profitieren, die bisher nicht an das Stromnetz angeschlossen sind. In der Dominikanischen Republik haben mehr als 350.000 der insgesamt 2,3 Millionen Haushalte keinen Zugang zum nationalen Stromnetz. Experten sind der Meinung, dass der komplette Strombedarf des Landes beispielsweise mit Biomasse zu produzieren wäre.
Jatropha - genügsamer Energieträger
Pedro Santana, ein Ort im Südwesten der Dominikanischen Republik. Dieses Gebiet, wo der Fluss Artibonito die Dominikanische Republik von Haiti trennt, gilt als das Ärmste des Landes. Die Böden sind so trocken, dass sie aussehen wie Felsen. Hier wohnt Natividad Suero de Los Santos. Der Bauer hält in seiner Hand die schwarzen Samen der Jatropha. Auf den ölhaltigen Kernen liegt jetzt seine Hoffnung. Sie enthalten bis zu 80 Prozent Öl. Langfristig könnte die genügsame Pflanze die Grundlage für die Massenproduktion eines Biokraftstoffs werden. „Ein Teil meiner Böden ist so nährstoffarm, dass bisher nichts wachsen konnte außer Jatropha“, berichtet Suero de los Santos. Viele Bauern pflanzen jetzt fleißig Jatropha an und verkaufen die Samen weiter. Die Dominikanische Regierung selbst kauft sie ihnen für Versuchspflanzungen ab. Es ist eine von vielen Maßnahmen, durch die die Nation unabhängiger von dem immer teurer werdenden Diesel aus dem Ausland werden möchte.
Wunderbaum soll Energie bringen
Wie die Jatropha, so gedeiht auch die Higuereta - auf Deutsch: der Wunderbaum- auf sehr kargen Böden. Die Samen des Wunderbaumes enthalten Rizinusöl. Mit ihm will der brasilianische Unternehmer Debrair Isaias Da Silva in der Dominikanischen Republik Biodiesel herstellen. „Mit dem Rhizinusöl wollen wir zukünftig 340 000 Liter Biodiesel täglich produzieren. Das würde dann 5 - 6 Prozent des gesamten Biodieselkonsums der Dominikanischen Republik entsprechen“, sagt Da Silva.
Ethanol aus Zuckerrohr - Vorbild Brasilien
Der Zucker hat eine lange Tradition in Dominikanischen Republik. Rum - das Aushängeschild - wird mit ihm hergestellt. Doch seit einigen Jahren steckt die Zuckerindustrie in einer Krise. Sie begann in den 80 Jahren, als die Preise für Zucker auf dem Weltmarkt immer weiter sanken und erreichte ihren Höhepunkt, als 1998 die USA die Einfuhrquote für dominikanischen Zucker drastisch kürzten. Seitdem liegen viele Flächen brach. Durch das Fördergesetz für Erneuerbare Energien haben Zuckerbauern neue Hoffnung. Sie träumen davon, aus Zuckerrohr den Kraftstoff Ethanol herzustellen, wie es die Brasilianer seit Jahren praktizieren.
Autorin: Elena Ern
Redaktion: Peter Koppen