Erste Corona-Todesfälle in Deutschland
9. März 2020In Deutschland gibt es die ersten beiden Todesfälle wegen des Coronavirus. Es handele sich um einen 78 Jahre alten Mann in Heinsberg und um eine 89-jährige Frau in Essen. Dies teilten das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium und der Kreis Heinsberg mit.
Mann hatte Diabetes und Herzprobleme
Der Mann in Heinsberg hatte sich demnach am Freitag im Krankenhaus in Geilenkirchen mit Fieber und Husten gemeldet. Er habe "eine Vielzahl von Vorerkrankungen gehabt", unter anderem Diabetes und Probleme mit dem Herzen. Am Mittag sei er dann an Herzversagen gestorben, hieß es von der Kreisverwaltung weiter.
Die Essenerin wurde vor wenigen Tagen in das Universitätsklinikum der Stadt eingeliefert. Der Allgemeinzustand der Patientin sei zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme bereits stark eingeschränkt gewesen, teilte die Stadtverwaltung mit. In der Ruhrgebietsstadt sind insgesamt fünf weitere an dem Coronavirus erkrankte Fälle bekannt.
Am Sonntag war bereits ein Feuerwehrmann aus Hamburg während eines Urlaubs in Ägypten an den Folgen des Coronavirus gestorben.
Wirksamstes Mittel gegen Coronavirus ist Zeit
Nach Daten des Robert Koch-Instituts sind in Deutschland derzeit mehr als 1100 Infektionen in 198 Landkreisen und 15 Bundesländern bestätigt. Am stärksten betroffen sind demnach neben dem nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg die Städteregion Aachen sowie die Landkreise München, Köln und Freising.
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte einen energischen Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus und wies auf eine drohende Infektionswelle in den nächsten Monaten hin. "Das wirksamste Mittel gegen das Virus ist, seine Ausbreitung zu verlangsamen", sagte Merkel, die sich bisher kaum zu der Epidemie geäußert hatte. Gleichzeitig warnte sie vor falschen Hoffnungen. Das Virus werde sich weiter auch in Deutschland verbreiten. Aber es gehe darum, das Tempo so weit wie möglich zu drosseln. "Wir erarbeiten uns also wertvolle Zeit", sagte die Kanzlerin am Rande des deutsch-griechischen Wirtschaftsforums in Berlin.
Mehr Personal, mehr Betten
Diese Zeit brauche man, damit die Wissenschaft an Medikamenten und Impfstoffen forschen könne, so Merkel. Die Zeit sei aber auch nötig, damit Staat und Politik dazu beitragen könnten, "den in den nächsten Monaten, vielleicht auch erst im Herbst und im nächsten Winter benötigten zusätzlichen Bedarf an Schutzausrüstung für zusätzliches medizinisches und pflegerisches Personal und für die intensivmedizinische Bettenausstattung in den Krankenhäusern aufzustocken."
Ein weiteres Ziel sei es, durch die verlangsamte Ausbreitung die Folgen in der Wirtschaft abzufedern. Mit den angekündigten Maßnahmen der Koalition sei Deutschland gut gerüstet, so die Kanzlerin. Schon während der Finanzkrise seien Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld erfolgreich gewesen, sagte Merkel. Änderungen, die jetzt im Zusammenhang mit der Coronakrise aufgestellt wurden, sollten schnell wirken. Schon am Mittwoch sollen sie ins Kabinett und am 3. April im Bundesrat beraten werden. Das Wirtschafts- und Finanzministerium werde noch in dieser Woche Maßnahmen vorlegen, wie die Liquidität von Firmen verbessert werden könne, erklärte Merkel. Die Bundesregierung wolle außerdem Investitionen weiter steigern.
Schließung öffentlicher Einrichtungen?
Das Robert Koch-Institut (RKI) dringt auf schnelle Vorkehrungen gegen eine starke Zunahme von Infizierten mit dem neuen Coronavirus. "Das ist eine ernste Lage, und diese Lage könnte sich weiter zuspitzen", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler in Berlin. Es sei sicher, dass die Fallzahlen zunehmen werden. Um eine schnelle Ausbreitung zu verhindern, müssten die zuständigen Behörden vor Ort auch über den Umgang mit Großveranstaltungen und mögliche zeitweise Schließungen öffentlicher Einrichtungen entscheiden – "und zwar schon, bevor es massenhaft Fälle in einer Gegend gibt."
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält auch das Absagen von Veranstaltungen mit weniger als 1000 Teilnehmern zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus für sinnvoll - wenn das Infektionsrisiko hoch ist. "Die Zahl 1000 heißt ja nicht: Alles da drunter ist per se ok und alles da drüber ist per se nur problematisch", sagte der CDU-Politiker. Alle Veranstaltungen mit über 1000 Teilnehmern sollten aus Sicht seines Ministeriums in den kommenden Wochen und Monaten grundsätzlich nicht stattfinden. Die Größenordnung begründete Spahn damit, dass sie ein stückweit europäischer Standard geworden sei.
Bayern verbietet Events mit mehr als 1000 Gästen
Bayern ist dieser Empfehlung bereits gefolgt und will Veranstaltungen mit mehr als 1000 Gästen bis zunächst Karfreitag untersagen. Darauf habe sich der Koalitionsausschuss in München geeinigt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Die Details sollen am Dienstag in einer Kabinettssitzung beschlossen werden. Von der Maßnahme betroffen wären auch Fußball-, Basketball- oder Eishockeyspiele in den Bundesligen oder der Champions League. Nicht geklärt war zunächst, ob die Spiele abgesagt werden müssen. Möglich wäre, dass die Begegnungen ohne Publikum als sogenannte Geisterspiele ausgetragen werden. Weltweit haben sich inzwischen weit mehr als 100.000 Menschen nachweislich mit dem neuen Coronavirus infiziert, die Dunkelziffer liegt Experten zufolge noch wesentlich höher.
Bis zu 5000 Menschen in Quarantäne
Nach einem Coronavirus-Verdacht an einer Brandenburger Schule befinden sich nach aktuellen Schätzungen bis zu 2250 Menschen in häuslicher Quarantäne. Das teilte der Landkreis Ostprignitz-Ruppin am Abend mit. Die Behörde korrigierte damit zuvor genannte deutlich höheren Zahlen. Lehrer und Schüler der Schule hatten Kontakt mit einer mit dem Coronavirus infizierten Berlinerin.
sam/uh (afp, dpa, rtr)