Zukunft des Kosovo
21. Februar 2007DW: Herr Präsident, in diesem Monat kam es im Kosovo zu einem Anwachsen der Gewalt. Am 10. Februar gab es Ausschreitungen gegen die Verhandlungen unter Vermittlung von Martti Ahtisaari, bei denen zwei Menschen getötet wurden. Jetzt gab es einen Anschlag auf Fahrzeuge der UNMIK. Ist die Verhandlungsgruppe des Kosovo, die heute Prishtina bei den Wiener Verhandlungen vertritt, gescheitert? Schließlich gibt es jetzt in der Bevölkerung eine Schicht der Unzufriedenen?
Fatmir Sejdiu: Diese Entwicklungen hinterlassen für Kosovo keinen guten Beigeschmack und es war für Kosovo eine dunkle Stunde durch die Art der Demonstrationen und die Auswirkungen die diese hatten. Es waren gewalttätige Proteste und es war gleichzeitig auch völlig unnötig, dass es dabei zwei Opfer gab. Einerseits ist es ein schwerer Verlust für die Familien, andererseits wirkt die Schwere des Vorfalls sich auch sehr negativ auf die Entwicklungen im Kosovo aus und es schadet den politischen Prozessen. Es ist natürlich das Recht eines jeden zu protestieren, sich zu wehren und andere Meinungen zu äußern, aber es ist genauso wichtig, dass das im Rahmen des Gesetzes geschieht. Ich denke, dass die Verhandlungsgruppe des Kosovo ihre Arbeit gemacht hat. Wir haben bei allen Wiener Treffen die Interessen Kosovos klar vertreten und es ist wahr, dass alle unsere Entscheidungen im Konsens gefallen sind und deshalb auch den Willen der absoluten Mehrheit der Bevölkerung des Kosovo und ihrer Institutionen repräsentieren.
Die Verhandlungsgruppe hat ja vor den Wiener Gesprächen eine Liste mit Punkten vorgelegt, mit denen sie nicht zufrieden ist. Glauben Sie, dass das Ahtisaari-Paket in den Verhandlungen noch verändert werden kann?
Es kann sein. Sicherlich wird es keine großen Veränderungen mehr geben. Allerdings kann es sein, dass auf Argumente, die wir vorgebracht haben, auch eingegangen wird. Wir müssen jetzt sehen, was geschieht. Wir sind nicht dafür, die Gespräche über den Ahtisaari-Vorschlag wieder von vorne zu beginnen, was zu endlosen Debatten führen würde. Das würde zu nichts führen, außer zu weiteren Gefahren für den Kosovo und seine Zukunft. Ich erinnere daran, dass es wichtig ist, dass dieser Prozess im Sicherheitsrat verfolgt wird und dort auch die Empfehlungen für die Zukunft des Kosovo münden werden. Wir glauben, dass in diesem Teil des Dokuments die Interessen des Kosovo für seine Zukunft berücksichtigt werden. Es geht um die politische Formulierung und direkt um die Unabhängigkeit des Kosovo.
Die serbische Verhandlungsdelegation hat verlangt, dass der Ahtisaari-Vorschlag in einen technischen und einen politischen Bereich geteilt werden soll. Wie sehen Sie diese Forderung?
Ich denke es geht Belgrad bei den Gesprächen in Wien auch darum, die Prozesse so weit wie möglich zu verzögern und dadurch zu diskreditieren. Das würde dann Spannungen im Kosovo erhöhen mit dem Ziel, etwas ganz anderes zu beweisen, nämlich, dass Kosovo nicht reif für die Unabhängigkeit ist, das es keine Stabilität und keine Zukunftsperspektive für dessen Bürger und insbesondere für dessen serbische Bürger gibt.
Ahtisaari hat selbst gesagt, dass zwei Drittel seines Vorschlags sich nur mit dem Schutz der Serben des Kosovo befassen. Vertreter der Serben des Kosovo haben hingegen erklärt, dass das Ahtisaari-Dokument Unrecht sei, weil es alle Minderheiten im Kosovo gleich behandele. Das hieße aber, dass den Serben als größte Minderheit mehr Rechte zustehen sollten, als beispielsweise den Roma oder Ashkali.
Sicherlich ist es eine große Unterstützung für die serbische Minderheit im Kosovo, dass das Dokument von Ahtisaari sich zu zwei Dritteln mit deren Gleichstellung befasst. Natürlich haben auch andere Minderheiten dieselben Forderungen aufgestellt wie die serbische Minderheit, allerdings sind diese in die demokratischen Prozesse durch die Institutionen des Kosovo integriert. Es ist umso wichtiger, dass wir alles tun, um internationale Standards in der Behandlung der Minderheiten umzusetzen. Darauf gründen sich auch die Teile des Dokuments, welche sich auf den Schutz der serbischen Minderheit beziehen, auf internationale Normen und Standards. Und es gibt sogar Aspekte, die deutlich über international übliche Standards hinausgehen.