ESC-Sieger Sobral liegt im Sterben
26. September 2017Beim ESC in Kiew im Mai 2017 hatte er Millionen Zuschauer mit seiner stillen Jazzballade "Amar pelos dois" zu Tränen gerührt. Zusammen mit seiner Schwester Luísa hatte er den Siegertitel im goldenen Konfettiregen gesungen.
Das gleiche Bild - nur ohne Konfetti - bot sich den Fans am 8. September im Garten des Casino Estoril bei Lissabon. Luísa und Salvador Sobral sangen "Amar pelos dois" ein weiteres Mal, beide weinten. Der schwer herzkranke Sobral verabschiedete sich an diesem Abend von seinen Fans. Das Konzert hatte er "Até já" genannt: bis bald.
Zuvor hatte er in den sozialen Medien eine musikalische Pause angekündigt, damit er sich vollständig auf seine Genesung konzentrieren kann. Er sagte alle geplanten Konzerte ab und bat auch die Medien darum, seine Privatsphäre zu respektieren.
Seit Montag (25.09.2017) liegt Sobral auf der Intensivstation des Santa-Cruz-Krankenhauses in Lissabon und kämpft gegen den Tod. Seine Ärzte sagen, es sei ein Wettlauf gegen die Zeit - es müsse dringend ein Spenderherz gefunden werden.
Jazz ist seine Leidenschaft
Salvador Sobral kommt aus einer portugiesischen Adelsfamilie und liebt seit seiner Kindheit Jazzmusik. Als junger Erwachsener brach er sein Psychologiestudium ab, um sich ganz der Musik zu widmen. 2009 nahm er am portugiesischen Ableger der Talentshow "Pop Idol" teil. Doch dort verkannte man sein Talent und wählte ihn auf den siebten Platz. Nach einem Abstecher in die USA, zog er zurück nach Europa und begann, an der renommierten Jazzakademie "Taller des Musics" in Barcelona zu studieren.
Sein Idol ist der 1988 verstorbene Jazztrompeter und -sänger Chet Baker. So klingen auch viele seiner Songs und Interpretationen nach Chet Baker. Auch auf seinem ersten und einzigen Album "Excuse me" (2016) zitiert er den legendären Jazzmusiker. Sobral nimmt sich selbst nicht allzu ernst. Er spielt oft mit der Musik und postet auf seinem Facebook-Account oft kurze, aber kreative Videos. In einem Madrider Badezimmer improvisiert er etwa auf den Brummton der Klimaanlage. Seinen spanischen Fans präsentiert er eine Flamenco-Version seines ESC-Hits "Amar pelos dois".
Der ESC macht ihn zum Nationalhelden
Als er beim Eurovision Song Contest 2017 für Portugal mit der zuckersüßen Jazzballade "Amar pelos dois" antrat, waren die Meinungen des internationalen Publikums geteilt: Die einen nannten den Song "Schlaftablette", die anderen liebten das eigensinnig und ohne große Geste vorgetragene zarte Lied. Sobral kam ganz ohne Pyrotechnik und Laser aus. Allein mit seiner hellen und virtuosen Stimme erreichte er das Siegertreppchen. Geschrieben hat den Song Sobrals Schwester Luísa, die selbst eine renommierte Jazzmusikerin ist. Beim ESC waren die beiden auch hinter den Kulissen sehr beliebt.Auf Facebook posteten die Geschwister Clips, in denen sie die Songs der Mitbewerber in ihrer Version mit Gitarre singen.
Portugal feiert Sobral nach seinem ESC-Sieg wie einen Nationalhelden. Er hat den Titel zum ersten Mal ins Land geholt. Seitdem hat er in Portugal - trotz seines ernsten Gesundheitszustandes - zahlreiche Konzerte gegeben. Sein Album "Excuse me" ist kurz nach dem ESC-Sieg an die Spitze der portugiesischen Charts gesprungen.
Derzeit gibt es aus dem Krankenhaus keine neuen Informationen, nur die, dass der Zustand des Sängers "stabil, aber kritisch" sei.