eSport erfährt weiterhin keine Anerkennung
22. Februar 2019Das Thema ist in Deutschland genauso brisant wie umstritten: die Anerkennung von eSport als Sportart. Dementsprechend wurde auf der Sitzung des Sportausschusses im Deutschen Bundestag hitzig diskutiert. Vertreter von Sport, Wissenschaft und der eSport-Szene brachten bei der Anhörung am Mittwoch ihre Standpunkte vor, am Ende jedoch ohne ein neues Ergebnis.
Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bundes Deutschland (ESBD) eröffnete die Debatte mit seinem Plädoyer für eine Gleichbehandlung des eSports mit den traditionellen Sportarten. eSport sei eine "junge, dynamische, digitale und zukunftszugewandte Sportart", die eine Beachtung als solche endlich verdiene. Es gehe nicht nur darum, wie Sport per Definition zu verstehen sei, so Jagnow, sondern darum, wie sich die Teilnehmer dieser Bewegung wahrnehmen. Das seien "Athleten, die motorische, reaktive, strategische und kommunikative Leistungen" zeigen, die mit denen des "normalen" Breitensports problemlos vergleichbar seien.
Der DOSB fährt eine neue Linie
Die Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Carmen Borggrefe von der Universität Stuttgart sieht das gänzlich anders. Ihrer Analyse nach ist eSport kein Sport. Zwar liege eine körperbezogene Handlung vor, etwa das Bedienen des Controllers, dies sei aber keine sportartbestimmende Aktivität. "Es passiert genau das gleiche beim Klicken. Ob ich nun Fifa spiele, ob ich League of Legends spiele, oder ob ich Counter Strike spiele." Ihrer Meinung nach werden also nur Tasten gedrückt, die ihren Sinn erst im virtuellen Geschehen erhalten. Das sei beim traditionellen Sport grundlegend anders, vergleichbar mit dem Musizieren, so Prof. Dr. Borggrefe. Ein Pianist erbringe zweifellos hochkomplexe körperliche Leistungen, aber er "übt dadurch noch keinen Sport aus, sondern er macht Musik."
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), bisher schärfster Kritiker, sogar Gegner des eSports, ist von seiner ursprünglich harten Linie abgerückt. In Anerkennung des dem eSport innewohnenden Potentials hat der DOSB mittlerweile eine Unterscheidung zwischen "virtuellen Sportarten" und "eGaming" vorgenommen. "Virtuelle Sportarten" - etwa Fifa, Madden, NBA2K, also sämtliche Sportspiele - ließen sich dem Wertekanon des DOSB zuschreiben, denn hier stehe der sportliche Wettkampf im Vordergrund. Der DOSB möchte die virtuellen Sportarten fördern und auch dazu nutzen, mehr junge Menschen zum analogen Sporttreiben zu animieren - und sie dadurch in die Sportvereine zu bekommen, so die DOSB-Vorsitzende Veronika Rücker. Sogenannte Ego-Shooter-Spiele, wie etwa Counter Strike, seien hingegen keinesfalls akzeptierbar und kategorisch ausgeschlossen.
Steuerrechtliche Vorteile
Die neue Sichtweise des DOSB sorgte bei Hans Jagnow und dem ESBD jedoch nicht für Freudensprünge, wie manch einer vielleicht annehmen mag. Die Bewegung des eSports basiere nur zu einem kleinen Teil auf Sportspielen und letztlich gehe es um die gesamte Anerkennung des eSports als Sport und damit die Schaffung von guten Rahmenbedingungen, so Jagnow.
eSport selber müsse als Sport begriffen werden. Dabei sei es egal ob es Sportspiele, Ego-Shooter- oder Strategiespiele sind. Warum es dem eSport so wichtig ist als Sport anerkannt zu werden? Es gibt einige Vorteile. Der größte: Die Abgabenordnung und der damit einhergehende steuerrechtliche Profit. Prof. Dr. Borggrefe mahnte jedoch, dass eine solche Anerkennung die zentralen Probleme bei Jugendlichen wie etwa Bewegungsmangel, Kurzsichtigkeit oder motorische Defizite verstärken würde. "Die Gamer wollen raus aus der Schmuddelecke. Sie wollen genau die gesellschaftliche Anerkennung haben, die der Sport hat", so die Sportwissenschaftlerin.
Es wurden viele Argumente ausgetauscht, einmal mehr das Für und Wider einer Anerkennung vorgebracht - am Ende aber ohne ein Ergebnis. Hans Jagnow bleibt gelassen und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Er kann sich auch eine sportliche Anerkennung außerhalb des DOSB vorstellen. Es gäbe den rechtlichen Sportbegriff, der unabhängig vom DOSB sei und worauf dieser keinen weiteren Einfluss habe, so Jagnow. In diesem Fall wäre es Sache des Gesetzgebers, eine entsprechende Regelung zu schaffen. "Wir können uns auch sehr gut vorstellen, neben dem Sport als eigene sportliche Bewegung zu bestehen." Aber das ist noch Zukunftsmusik.