Abstimmung über Sommerzeit - bitte warten
6. Juli 2018Wie heißt es doch im Volksmund? "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen." Das war auch in diesem Fall so - nach dem Ausfall der Abstimmungs-Server ließen die hämischen Kommentare nicht lange auf sich warten: "Mit der Umfrage zur #Sommerzeit, (..), ist alles zur #Digitalisierung der #EU gesagt.", schreibt Twitter-Nutzer "likedeeler". Und Nutzer "Torsten Weber" kommentiert: "Auch am nächsten Tag nichts neues in Brüssel zur #Sommerzeit. Die #EU ist vorübergehend außer Betrieb."
Wer sich an der Online-Befragung der EU-Kommission beteiligen wollte, bekam zumindest bis zum Freitag Mittag (06. Juli) nur eine Fehlermeldung oder eine sehr unvollständige Internet-Seite zu sehen - die eigene Stimme abzugeben, war nicht möglich. Wie es scheint, ist die EU vom Ansturm auf die Seite völlig überrascht worden; das Thema Zeitumstellung scheint die Menschen in Europa sehr zu bewegen. Denn viele Menschen klagen nach der Zeitumstellung im März und im Oktober über einen Jetlag - und das ganz ohne Flugreise. Die Online-Umfrage, die bis Mitte August laufen soll, soll jetzt ein Stimmungsbild liefern, ob wirklich so viele Menschen gegen die Zeitumstellung sind.
Das Europaparlament hatte im Februar eine Überprüfung durch die Kommission verlangt. Dabei wurde auf Studien verwiesen, wonach die Sommerzeit "negative Folgen für die Gesundheit der Menschen" haben könne. Die Forderung des Verkehrsausschusses, die Sommerzeit ganz abzuschaffen, fand damals allerdings keine Mehrheit. Auch mehrere Mitgliedstaaten wie Finnland haben das verlangt.
Teilnehmer der Online-Befragung sollen zwei Möglichkeiten haben, sagte ein Kommissionssprecher. Sie könnten sich für die Beibehaltung der Sommerzeit oder ihre "Abschaffung in der gesamten Europäischen Union" aussprechen. Denn mit Blick auf den EU-Binnenmarkt wolle die Kommission einen "Flickenteppich" unterschiedlicher Regelungen vermeiden. Aus diesem Grund will die Kommission den Mitgliedstaaten bei einer Abschaffung der Sommerzeit eine nationale Umstellung auch ausdrücklich verbieten.
Der Kommissionssprecher verwies gleichzeitig darauf, dass Studien zu möglichen Gesundheitsproblemen durch die Zeitumstellung bis heute keine eindeutigen Schlussfolgerungen erlaubten. Deshalb müsse die Entscheidung nun "auf Basis von anderen Kriterien" getroffen werden.
Laut Kommission könnten nach neueren Untersuchungen zwar die Auswirkungen auf den Biorhythmus stärker sein als angenommen. Es gebe aber auch positive Effekte für die Gesundheit im Zusammenhang mit mehr Freizeitaktivitäten im Freien. Ursprünglich durch die Sommerzeit erhoffte Energiespareffekte seien darüber hinaus aber bestenfalls "marginal".
In der Befragung können auch Gründe zur Entscheidung für oder gegen die Sommerzeit angegeben werden: Dazu gehören Energieeinsparung, Gesundheit, Freizeitaktivitäten am Abend oder die Straßenverkehrssicherheit. Für den Fall einer Abschaffung können Teilnehmer eine Präferenz entweder für "ständige Sommerzeit" oder "ständige Winterzeit" angeben.
Die Sommerzeit wurde aus Gründen der Energieeinsparung in Deutschland 1980 eingeführt, in anderen Mitgliedstaaten schon deutlich früher. Seit 2002 ist die Umstellung EU-weit einheitlich geregelt, um Probleme durch unterschiedliche Uhrzeiten im Gütertransport oder bei Flug- oder Bahnverbindungen zu vermeiden. Die Uhren werden dabei immer am letzten Sonntag im März eine Stunde vor- und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurückgestellt.
jj/hk/bru (dpa, afp)