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EU-Fahnder decken Millionenbetrug auf

Vera Freitag3. Juli 2012

Die EU ist Ziel von Betrügern aller Art. Fast 400 Millionen Euro wollten Kriminelle beim Straßenbau in Süditalien abzweigen. Und das ist nur einer von vielen Fällen im Jahresbericht der EU-Betrugsbekämpfer.

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Fahnder der EU-Antibetrugsbehörde Olaf (Foto: EU)
OLAF EU BehördeBild: European Union, 2012

"Unser Job ist es, die Wahrheit zu finden", sagt Giovanni Kessler, als er durch den Jahresbericht seiner Behörde blättert. Kessler ist Generaldirektor des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (Olaf). Die EU-Behörde wird bei Korruption, Betrug und anderen rechtswidrigen Handlungen innerhalb Europas tätig, sofern der Gemeinschaftshaushalt betroffen ist.

Was das kleine Heft in Kesslers Händen dokumentiert, ist ein millionenschwerer Betrugsfall. 389 Millionen Euro sind im süditalienischen Kalabrien zu Unrecht in den Straßenbau geflossen.

Im Kampf gegen Betrug mit EU-Geldern habe seine Behörde im vergangenen Jahr 691 Millionen Euro eingezogen, erklärt Kessler. Die Dimension des italienischen Betrugsfalls wird so besonders deutlich: Er macht mehr als die Hälfte der Gesamtsumme aus, die die Fahnder im vergangenen Jahr an Rückzahlungen in den EU-Haushalt bewirkten.

Jeder kann anonym einen Fall melden

"Gerade jetzt, da die EU in einer wirtschaftlichen Krise steckt, gewinnt dieses Geld noch mehr an Bedeutung", betont der Spitzenbeamte und fügt hinzu: "Auch dieses Geld kann nützlich sein, der EU wieder auf die Beine zu helfen."

Straße in Kalabrien (Foto: dpa)
389 Millionen Euro sind zu Unrecht in den Straßenbau in Italien geflossenBild: picture-alliance/dpa

Um Mauscheleien mit EU-Geldern aufzudecken, gehen die Korruptionsbekämpfer Hinweisen aus der Bevölkerung und von nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten nach. "Jeder kann sich anonym bei uns melden und uns Hinweise zu Betrugs- und Korruptionsfällen geben", erklärt Kessler.

Rund 1000 Hinweise seien in den vergangenen zwölf Monaten bei ihm und seinen Mitarbeitern eingegangen. Beunruhigend sei, dass die meisten davon, nämlich etwa drei Viertel, aus privaten Quellen kämen, dazu zählten Privatpersonen genauso wie Firmen oder Anwälte, so Kessler. "Die Hinweise, die uns von den nationalen Behörden der Mitgliedsstaaten erreichen, nehmen deutlich ab", gibt Kessler zu bedenken. Dies sein ein Trend, der sich bereits in den letzten Jahren sehr deutlich abgezeichnet habe. Die wenigsten Hinweise erhalte Olaf von den nationalen Kontrollbehörden jener Länder, in denen es verstärkt Fälle von Korruption und Betrug gebe.

Korruption ist keine Europameisterschaft

Sind die Hinweise erst einmal eingegangen und bearbeitet, spricht die europäische Betrugsbekämpfungsbehörde eine Empfehlung an die Behörden des betroffenen Mitgliedsstaates aus. Dann liegt es in deren Händen, die Fälle zu bearbeiten.

Von einem "Länderranking" und der Frage, welches europäische Land in den Augen der Olaf-Fahnder am korruptesten sei, hält der Generaldirektor eher wenig. "Das hier ist doch keine Europameisterschaft", winkt Kessler bestimmt ab. Ins Zentrum der Ermittlungen seiner Behörde rückten in jüngster Zeit jene Fälle, bei denen mehrere Länder gleichzeitig betroffen seien.

Ein Beispiel dafür sei der Zigarettenschmuggel. Dieser betreffe nicht nur Raucher, sondern auch den EU-Haushalt, so Kessler. Im Visier der europäischen Fahnder stand im vergangenen Jahr eine Schmugglerbande, die Zigaretten von Russland und der Ukraine aus über Weißrussland und Litauen nach Deutschland brachte. Die Zigaretten landeten auf dem Schwarzmarkt. Durch fehlende Steuern und Zollabgaben gingen dem EU-Haushalt rund 6,5 Millionen Euro durch die Lappen.

Zollbeamter auf der Suche nach Schmuggelware (Foto: AP)
Durch Zigarettenschmuggel gingen dem EU-Haushalt 6,5 Millionen Euro verlorenBild: AP

Schlupflöcher müssen geschlossen werden

"Korruption ist überall ein Verbrechen", betont Kessler. "Aber die Strafen sind von Land zu Land unterschiedlich". Der Generaldirektor plädiert daher für eine gemeinsame Gesetzgebung aller Länder, um Betrug und Korruption zu bekämpfen. Nur so könnten Schlupflöcher für organisierte Kriminalität geschlossen werden. "Diese Verbrechen sind immer weniger ein nationales, sondern vielmehr ein europäisches oder transnationales Problem", sagt er.

Diese transnationalen Fälle möchte seine Behörde auch im kommenden Jahr verstärkt in Angriff nehmen, betont Kessler. Bis dahin blickt der Generaldirektor zufrieden auf die Ergebnisse der vergangenen zwölf Monate zurück. Rechnet man die Anzahl der Haftstrafen in allen Mitgliedsländern zusammen, die durch die Untersuchungen von Olaf verhängt wurden, kommt man auf 511 Jahre. "Nicht, dass wir uns so sehr über Gefängnisstrafen freuen", fügt Giovanni Kessler mit leichtem Lächeln hinzu. "Wir werten diese Zahl aber dennoch als ein Erfolg."