EU geht auf Abstand zur Ukraine
10. Mai 2012EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy wies in einem Fernsehinterview in Brüssel mit Nachdruck darauf hin, dass die Europäische Union den Entwurf über die Vereinbarung "ausdrücklich noch nicht ratifiziert" hat, weil sich die Ukraine zunächst den "Werten" der EU anpassen müsse. Den Umgang der ukrainischen Behörden mit der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko nannte er inakzeptabel.
Asarow in Brüssel unerwünscht
Van Rompuy nahm auch zu den geplanten Gesprächen des ukrainischen Regierungschefs Mykola Asarow in Brüssel Stellung und sagte, man habe ein "klares Signal" gesetzt und diesem geraten, zu Hause zu bleiben. Die Ukraine sei zur Zeit der sogenannten Orangenen Revolution im Jahr 2004 "ein Demokratiemodell" gewesen und müsse dies wieder werden.
Nach Angaben von Van Rompuys Sprecher Dirk De Backer wird Asarow trotzdem in wenigen Tagen nach Brüssel fliegen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Van Rompuy soll er aber nicht treffen.
Timoschenko beendet Hungerstreik
Die in der Haft erkrankte Julia Timoschenko war am Mittwoch nach einem wochenlangen Nervenkrieg mit den Behörden vom Gefängnis in Charkow in eine nahe gelegene Klinik verlegt worden. Dort beendete die Oppositionspolitikerin ihren dreiwöchigen Hungerstreik. Mit Wasser und Säften soll sie sich wieder an eine Nahrungsaufnahme gewöhnen. Unter Leitung des Oberarztes des Berliner Krankenhauses Charité, Lutz Harms, wird Timoschenko in den kommenden Wochen in der ukrainischen Klinik wegen ihres schweren Bandscheibenvorfalls behandelt.
Polen fordert Gesetzesänderung
Wegen des Falls steht die Ukraine, die vom 8. Juni an gemeinsam mit Polen die Fußball-Europameisterschaft ausrichtet, international in scharfer Kritik. Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski appellierte jetzt mit eindringlichen Worten an Regierung und Opposition in Kiew, das Rechtssystem zu ändern. Ohne ein "anachronistisches Gesetz", das im Widerspruch zu europäischen Rechtsstandards die Verurteilung "wegen politischer Entscheidungen" ermögliche, wäre es niemals zu den Boykottdrohungen im Fall Timoschenko gekommen, betonte Komorowski.
Die ukrainische Oppositionspolitikerin war wegen angeblichen Amtsmissbrauchs in ihrer Zeit als Regierungschefin zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden.
se/pg (dpa, afp, rtr, dapd)