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EU? Jein danke!

Kersten Knipp24. Juni 2016

Nicht nur in Großbritannien, auch in anderen europäischen Ländern gibt es starke Vorbehalte gegen die EU. Doch ein Referendum zu einem Austritt ist nirgends zu erwarten. Die meisten EU-Bürger wollen in der Union bleiben.

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Brexit Nigel Farage
Bild: Reuters/N. Hall

Vaarwel EU, auf Wiedersehen, EU. Nur zu gerne würden sich auch die niederländischen EU-Gegner um den Historiker Arjan van Dixhoorn und den Rechtspopulisten Geert Wilders von der europäischen Union verabschieden.

Doch ein solches Vorhaben verfängt bei der Mehrheit der Niederländer wenig. 54 Prozent sprachen sich gegen einen möglichen Nexit aus, berichtete am Freitag der Fernsehsender RTLnieuws. Und 36 Prozent lehnten ein entsprechendes Referendum ab, so der Sender weiter. Auch juristisch dürften es die Befürworter eines Referendums schwer haben: Das Referendum-Gesetz sieht vor, dass Volksabstimmungen nur über noch nicht-ratifizierte Verträge gehalten werden dürfen.

Frankreich: knappe Mehrheit für Verbleib in der EU

In Frankreich stehen zwar viele Bürger der EU skeptisch gegenüber, doch auch dort ist eine Mehrheit gegen den Austritt. Eine knappe Mehrheit, nämlich 52 Prozent, will in der Union bleiben. 48 Prozent der Franzosen sind laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung für einen Austritt ihres Landes aus der EU.

Europäische SUpermacht? Das EU-Parlament in Straßburg (Foto: picture-alliance/AA/M. Yalcin)
Europäische Supermacht? Das EU-Parlament in StraßburgBild: picture-alliance/AA/M. Yalcin

Sammelbecken der Unions-Gegner ist der rechtsextreme Front National (FN). Ausgerechnet bei der Europawahl im Mai 2014 erzielte der FN mit knapp 25 Prozent den höchsten Stimmenanteil aller angetretenen Parteien. Regelmäßig fordert FN-Chefin Marine Le Pen eine Volksabstimmung über einen Austritt Frankreichs aus der EU.

Dass die Franzosen über einen Verbleib in der EU abstimmen könnten, ist zumindest unter der Präsidentschaft Hollandes unwahrscheinlich: Als Staatspräsident müsste er einem Referendum zustimmen. Die dürfte er verweigern. "Es steht mehr als die Zukunft Großbritanniens in der Europäischen Union auf dem Spiel, es geht um die Zukunft der Europäischen Union", hatte Hollande noch kurz vor dem britischen Referendum gewarnt.

Gegen Flucht und Migration

Die stärksten Vorbehalte gegen die EU gibt es ausgerechnet in den neuen Mitgliedsstaaten in Osteuropa. Dort bereitet vielen Bürger vor allem die Flüchtlingspolitik der EU Sorgen. Am entschiedensten äußert sich regelmäßig der ungarische Premier Victor Orbán.

In einer Rede zum ungarischen Nationalfeiertag am 15. März warnte er vor einer "Zig-Millionen-Masse" von Migranten, die er als "finale Gefahr" bezeichnete. Klar ist für Orbán auch, wie auf die Zuwanderung zu reagieren sei: "Wenn wir die Völkerwanderung stoppen wollen, müssen wir vor allem Brüssel bremsen".

Ein Bettler in Athen
Verarmender Kontinent? Ein Bettler in AthenBild: picture alliance/ANE

Entsprechend hat die Regierung Orbán bereits ein Referendum zu den EU-Flüchtlingsquoten auf den Weg gebracht. Dabei geht es um künftige, nicht um die schon beschlossenen Quoten. Die Abstimmung ist für den Herbst geplant. Das ungarische Verfassungsgericht wird prüfen, ob ein solches Referendum überhaupt verfassungskonform ist. Die Opposition hat bereits einen Boykott des Referendums angekündigt.

Ein Referendum über einen Verbleib Ungarns in der EU ist derzeit nicht geplant. Orbán steht in dieser Frage auch darum nicht mehr so sehr unter Druck, weil die rechtsextreme Jobbik-Partei – der größte Konkurrent seiner eigenen, der Fidesz-Partei, sich von ihrer früheren Forderung nach einem Austritt aus der EU verabschiedet hat.

Und Deutschland?

Zwar haben auch die Tschechen erhebliche Vorbehalte gegen die Flüchtlingspolitik der EU. Aber auch hier steht absehbar kein Referendum an. Allerdings fürchten Beobachter, die europäische Flüchtlingspolitik könnte zum dominierenden Thema des tschechischen Parlamentswahlkampfs 2017 werden. Ein Referendum zum Austritt aus der EU steht – vorerst – allerdings nicht an: Erst Anfang Mai scheiterte ein Antrag der rechtspopulistischen Morgenröte (Usvit), im Parlament über ein Austrittsreferendum zu beraten.

Ungarische Polizisten patroullieren an der Grenze zu Serbien (Foto: picture-alliance/dpa/Z. Gergely Kelemen)
Festung Europa: Ungarische Polizisten patroullieren an der Grenze zu SerbienBild: picture-alliance/dpa/Z. Gergely Kelemen

In Deutschland würden nur die wenigsten Bürger die EU verlassen wollen. Für einen Austritt wären 17 Prozent – und 79 Prozent dagegen, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Forsa von dieser Woche. 63 Prozent der Befragten sind zudem überzeugt, dass die EU trotz aller Krisen noch eine Zukunft hat. Juristisch ist ein Referendum zum Verbleib in der EU ohnehin ausgeschlossen: Auf Bundesebene besteht die Möglichkeit zum Referendum grundsätzlich nicht. Das Grundgesetz lässt Referenden nur in sehr wenigen Fragen zu. Die über die Zugehörigkeit Deutschlands zur EU gehört nicht dazu.