Rücktritt eines EU-Kommissars
17. Oktober 2012Transparency International begrüßte die "schnelle Reaktion" der Europäischen Kommission. Der EU-Gesundheitskommissar ist nach Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der Tabakindustrie zurückgetreten. Die Brüsseler Direktorin von Transparency, Jana Mittermaier, sprach von einer "beunruhigenden Entwicklung, dass trotz der Anti-Korruptions-Anstrengungen in den letzten Jahren bezahlte Einflussnahme und persönliche Kontakte anscheinend noch immer Teil des EU-Lobbyismus sind". Die EU-Institutionen müssten die Anti-Korruptionsmaßnahmen ernster nehmen, so Mittermaier.
Auslöser des Rücktritts sind Untersuchung der EU-Betrugsbehörde OLAF nach einer Beschwerde des schwedischen Tabak-Konzerns Match. Danach soll ein maltesischer Geschäftsmann den Schweden angeboten haben, gegen Bezahlung den guten Kontakt zu seinem Landsmann Dalli geltend zu machen, um die EU-Gesetzgebung zu beeinflussen. Die Kommission hatte im vergangenen Jahr angekündigt, ein Exportverbot für schwedischen Schnupftabak im Rahmen der Vorschriften für die Tabakindustrie zu überprüfen.
Keiner Schuld bewusst
Dalli weist die Vorwürfe zurück. Er werde alles dafür tun, um diese "unbegründeten Vorwürfe" zu entkräften, so der zurückgetretene EU-Gesundheitskommissar. Die Kommission erklärte, OLAF habe keinen schlüssigen Beweis für eine direkte Beteiligung Dallis an den Vorgängen gefunden. Die Betrugsbehörde gehe aber davon aus, dass der Kommissar Kenntnis davon gehabt habe. Der Bericht werde nun an die maltesischen Justizbehörden übergeben, die dann über weitere Ermittlungen entscheiden müsse.
Der Rücktritt eines Top-Beamten der Europäischen Kommission ist eher ungewöhnlich, beispiellos ist allerdings der Rücktritt der gesamten Kommission unter Präsident Jacques Santer 1999 wegen Korruptionsvorwürfen.
Rückschlag für neue Tabakrichtlinien
Der Präsident der Europäischen Liberalen, Graham Watson, zeigte sich zufrieden über den Rücktritt Dallis. In einer Email schrieb er: "Hätten frühere Kommissare sich genauso verhalten, hätte dies der Kommission und der Europäischen Union große Peinlichkeiten erspart."
Mitglieder der Anti-Tabaklobby sorgten sich allerdings, dass die Vorgänge "eine weitere Verspätung der Reform der Tabakrichtlinien" bedeuteten. Florence Bertelletti Kemp, Direktorin einer Anti-Raucher-Gruppe sagte: "Angesichts der Wichtigkeit dieses Themas ist dies eine unglückliche Entwicklung." Sie fordert die Kommission, das europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten auf, das Ziel, die Gesetze zum Wohle der Gesundheit in Europa zu reformieren, nicht aus den Augen zu verlieren.
Der konservative Politiker John Dalli wurde 1987 in das maltesische Parlament gewählt und war 15 Jahre Kabinettsmitglied, bevor er 2010 zum EU-Gesundheitskommissar ernannt wurde. Dallis Dossier übernimmt nun bis auf weiteres der EU-Verwaltungskommissar Maros Sefcovic bis die maltesiche Regierung einen Nachfolger bestimmt hat.