Erholung in Europa
3. November 2009Die Europäische Kommission rechnet in ihrer am Dienstag (03.11.2009) in Brüssel veröffentlichten Herbstprognose damit, dass die jährliche Wirtschaftsleistung in Deutschland im kommenden Jahr um 1,2 Prozent wächst. Das Wachstum in den 27 EU- Ländern ebenso wie in der Eurozone könnte sich auf 0,7 Prozent belaufen. Nur schleppend und mit einiger Verzögerung erholt sich dagegen die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Mit der neuen Prognose korrigierte die Kommission ihr Frühjahrsgutachten, das noch von einem Minus von 0,1 Prozent für EU und Euroraum ausgegangen war.
"Die Wirtschaft in der EU kommt wieder aus der Rezession", sagte Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia. "Wir müssen jetzt überlegen, wie wir am besten den negativen Folgen der Krise auf Arbeitsmärkte, öffentliche Haushalte und Wachstumspotenzial begegnen." Um den Aufschwung zu sichern, müssten die beschlossenen Konjunkturprogramme umgesetzt und der Bankensektor weiter saniert werden. Denn die Aussichten seien nach der Krise sehr unsicher. Eine positive Überraschung beim Wachstum sei ebenso möglich wie ein Rückschlag.
Deutschland mit am schlimmsten getroffen
In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut der Schätzung in der EU um 4,1 Prozent, in der Eurozone um 4,0 Prozent einbrechen. Für Deutschland befürchtet die EU-Kommission einen Einbruch von 5,0 Prozent. Das sind 0,4 Punkte weniger als im Frühjahr vorhergesagt. Für 2010 rechnet die Behörde mit einem leichten Wachstum von 1,2 Prozent, 0,9 Prozentpunkte mehr als in der Frühjahrsprognose. Zwar war die exportabhängige deutsche Wirtschaft laut Kommission unter den Industrienationen mit am schlimmsten getroffen. Mit seiner Wettbewerbsfähigkeit dürfte Deutschland aber auch gut aufgestellt sein, um von der anziehenden Konjunktur in den Schwellenländern zu profitieren. Mit Blick auf Krisenmaßnahmen wie Kurzarbeit warnte die EU-Kommission, dass die derzeit stabile Beschäftigungslage "kaum nachhaltig" sei.
Ab 2011 mit dem Schuldenabbau beginnen
Konjunkturpakete und massive Ausfälle bei den Staatseinnahmen werden die Verschuldung in der EU und der Euro-Zone unterdessen in die Höhe treiben. Das deutsche Staatsdefizit für dieses Jahr wird in Brüssel auf 3,5 Prozent geschätzt, für 2010 lautet die Prognose 5,0 Prozent, für 2011 dann 4,5 Prozent. Der Euro-Stabilitätspakt erlaubt ein Defizit von höchstens 3,0 Prozent. EU-Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia glaubt, dass die europäische Wirtschaft im Jahr 2011 stark genug für den Abbau der Staatsverschuldung sein wird. Die jüngste Konjunkturprognose der EU-Kommission bestätige, dass der Aufschwung in zwei Jahren nachhaltig sein werde, auch wenn er nur schrittweise vorankomme, sagte Almunia. "Mit dieser Vorhersage werde ich dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister in der kommenden Woche empfehlen, im Jahr 2011 die Ausstiegsstrategien einzuleiten." Die EU-Finanzminister hatten beschlossen, ab 2011 die Staatsausgaben zurückzufahren - aber nur, wenn die Wirtschaft dann in einer anhaltenden Erholungsphase sein wird.
Obwohl die Arbeitsmärkte in der EU bislang weniger unter der Krise gelitten haben als befürchtet, rechnet die Kommission in den kommenden Monaten mit einem anhaltenden Stellenabbau. So dürfte die Arbeitslosenquote im Schnitt auf 10,25 Prozent klettern. Für Deutschland rechnet die Kommission mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Obwohl sich die deutsche Wirtschaft erstaunlich schnell von der Krise erholt habe, stehe den Beschäftigten das Schlimmste noch bevor, heißt es in der Konjunkturprognose. Die Kommission erwartet, dass die Arbeitslosenquote von derzeit 7,7 Prozent im kommenden Jahr auf 9,2 Prozent steigen wird. Insgesamt sieht die Kommission die europäische Wirtschaft auf dem Weg der Erholung, warnt aber vor übertriebenem Optimismus. Anfang 2010 werde sich das Wachstum zunächst verlangsamen und erst in der zweiten Jahreshälfte an Fahrt gewinnen.
Autor: Rolf Wenkel (dpa, rtr, ap)
Redaktion: Zhang Danhong