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EU macht Weg frei für Verhandlungen mit Serbien-Montenegro

Andrej Smodiš / (stl)13. April 2005

Die Europäische Kommission hat den Weg geöffnet für Verhandlungen über einen EU-Beitritt von Serbien-Montenegro. "Ob es zum Beitritt kommt, hängt nun von uns ab", sagt der serbische Präsident Tadic.

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Präsident Tadic will Serbien-Montenegro in die EU führenBild: AP

Mit Serbien-Montenegro befindet sich nun auch das letzte Land auf dem Balkan auf dem Weg in die EU. Der Zeitpunkt der Erreichung dieses Ziels ist allerdings völlig offen. "Ob das tatsächlich eintritt, hängt ausschließlich von uns ab und von den folgenden Strukturreformen und Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft", sagte der serbische Präsident Boris Tadić der Deutschen Welle am Dienstag (12.4.) in Hannover. Brüssel habe nun aber zumindest anerkannt, dass sein Land in der Lage sei, sich der EU anzuschließen.

Ein politisches Zeichen

In der Entscheidung in Brüssel steckt zwar auch die Anerkennung der Anstrengungen der letzten Jahre, in Serbien und Montenegro die Demokratie voranzutreiben und wirtschaftlich den Anschluss an andere Transformationsländer zu schaffen. Die Entscheidung der EU-Kommission ist aber vor allem ein Zeichen, ein politisches Zeichen. Die Kommission sagt, und die Außenminister werden dies vermutlich in ein paar Wochen bestätigen, dass die Europäische Union alles tut, um die Menschen in Serbien-Montenegro bei ihren Reformen zu unterstützen, trotz aller bestehenden Unzulänglichkeiten.

Regierung und Opposition in Belgrad sollten diese feinen Nuancen beachten. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat die Entscheidung laut und deutlich interpretiert: die Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag bleibt weiter oberste Priorität. Präziser noch: die Verbesserung dieser Zusammenarbeit bleibt Priorität. Tatsache ist, dass Regierungschef Vojislav Koštunica sein Amt 2003 antrat mit den Worten, die Kooperation mit Den Haag habe keine Priorität. Über ein Jahr lang wurde kein Angeklagter von Belgrad an das Tribunal überstellt. Und alle elf Offiziere, die dieses Jahr in Den Haag eintrafen, haben sich freiwillig gestellt - verhaftet wurde niemand.

Kriegsverbrecher als Problem

Solange sich freilich ein Angeklagter wie Ex-Armeechef Pavkovic sich unter den Augen der serbischen Polizei in den Untergrund verabschiedet und solange die Hauptkriegsverbrecher Karadzic und Mladic frei herumlaufen, und zwar womöglich in Serbien, scheint eine Mitgliedschaft in der EU jedoch ausgeschlossen. Die EU meint das ernst, wie man gesehen hat: die Verhandlungen mit Kroatien sind ausgesetzt worden, weil der angeklagte General Gotovina nicht verhaftet wird.

Der serbische Präsident Boris Tadic hat dies erkannt. Im Deutsche Welle Interview brachte er diese Erkenntnis auf den Punkt: "Hätte Serbien seine Probleme in 48 Stunden gelöst, wären wir jetzt schon in der Europäischen Union." Tadić bezeichnete die mutmaßlichen Kriegsverbrecher als das Problem Serbiens auf dem Weg in die EU. "Pavković, Mladić – das sind die Probleme, die gelöst werden müssen." Sollte sich der kürzlich untergetauchte serbische Ex-Armeechef Pavković in Serbien aufhalten, "muss er verhaftet und an das Haager Tribunal ausgeliefert werden."

Großer Vertrauensvorschuß

Die Entscheidung der EU vom Dienstag (12.4.) ist also ein großer Vertrauensvorschuss. Es ist nun an der Regierung in Belgrad, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen. Die mutmaßlichen Kriegsverbrecher müssen entschieden verfolgt werden, die Korruption muss weiter bekämpft werden, Serbien und Montenegro brauchen noch mehr Demokratie und vor allem auch mehr Marktwirtschaft.

Also müssen endlich die populistischen Sonntagsreden aufhören zum Beispiel über den Status des Kosovo. Spätestens jetzt muss die Regierung die Themen anpacken, die die Menschen wirklich bewegen: und das hat mit Privatisierung der Wirtschaft zu tun. Das tut zunächst den Menschen weh, ist aber langfristig der einzige Weg zum Wohlstand.

In seiner ersten Stellungnahme sprach Ministerpräsident Koštunica immer noch vom Kosovo, vom Erhalt des Staatengebildes Serbien-Montengro und vom Einzug in die EU. Erst danach führte der Regierungschef die Themen wirtschaftlicher Umbau und politische Veränderungen an. Wenn die Regierung diese Prioritätenliste nicht schleunigst umkehrt, wird der Weg Serbiens und Montenegros in die EU gleich am Anfang in einer Sackgasse enden.