EU stützt Vorstoß zur Umsiedlung
24. Dezember 2019Die Europäische Kommission hat ihren Appell an Deutschland und andere EU-Staaten erneuert, sich solidarisch zu zeigen und unbegleitete minderjährige Migranten aus überfüllten griechischen Aufnahmelagern aufzunehmen. Die allermeisten von ihnen seien allerdings keine Kinder, sondern Jugendliche, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel.
Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck hatte die Debatte darüber in Deutschland neu entfacht, indem er sich dafür stark machte, bis zu 4000 Kinder von den griechischen Inseln zu holen. Nach jüngsten Angaben der EU-Kommission waren auf den "Hotspot-Inseln" Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos zuletzt jedoch lediglich 1922 unbegleitete Minderjährige registriert (Stand: 20. Dezember). In ganz Griechenland waren es Ende November 5276 - davon sind neun Prozent jünger als 14 Jahre und damit im Sinne des Jugendschutzgesetzes Kinder.
Deutschland gegen "Alleingang"
Für diese 5276 unbegleiteten Minderjährigen gab es nach Zahlen des zuständigen National Centre for Social Solidarity nur 2216 geeignete Unterbringungsplätze, wie die Sprecherin der EU-Kommission weiter mitteilte. Rund 3000 Plätze fehlten derzeit also.
Die Bundesregierung hatte am Montag erklärt, sie wolle vorerst keine minderjährigen Flüchtlinge nach Deutschland holen. "Wir suchen für die Zukunft nach einer europäischen Lösung", erklärte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. "Deutschland kann das nicht im Alleingang." Dass es rasch eine "europäische Lösung" zur Umsiedlung von minderjährigen Migranten geben wird, gilt aber angesichts des Widerstandes von Ländern wie Ungarn und Polen als unwahrscheinlich.
"Nicht tatenlos zusehen"
Ungeachtet dessen bat Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) den zuständigen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) um Erlaubnis, Minderjährige aus griechischen Lagern aufnehmen zu dürfen. "Wir dürfen ihrem Elend nicht länger tatenlos zusehen." Es gehe um eine einmalige humanitäre Maßnahme, "die wir auch uns selbst und unseren Werten schuldig sind", sagte Pistorius dem Berliner "Tagesspiegel" vom Dienstag. Auch Thüringen und Berlin signalisierten ihre Bereitschaft zur Aufnahme junger Flüchtlinge.
"Die Lage auf den griechischen Inseln erfordert sofortiges Handeln", betonte auch der Leiter des katholischen Hilfswerks Caritas international, Oliver Müller. Die Situation in den Camps beschrieb er als "dramatisch". Die Umstände, unter denen die Menschen dort ausharren müssen, seien "katastrophal".
wa/hk (dpa, afp)