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Zölle sollen fallen

8. Juli 2013

Das Ziel ist die größte Freihandelszone der Welt. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zudem wirft die NSA-Bespitzelungsaffäre ihre Schatten auf die Verhandlungen zwischen EU und USA in Washington.

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Euromünzen auf Dollarschein (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Vertreter der Europäischen Union und der USA verhandeln von diesem Montag an über eine gemeinsame Freihandelszone. Die Delegationen treffen sich zum Auftakt in Washington. Bereits jetzt tauschen die EU und die USA täglich Waren und Dienstleistungen im Wert von rund zwei Milliarden Euro aus - gemeinsam haben sie fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftskraft. Doch Zölle und Handelshemmnisse stehen besseren Zahlen im Weg, meinen beide Seiten, und schicken deshalb rund 150 Beamte in Mammutverhandlungen über eine historische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP).

Wachstum ankurbeln

Überschattet werden die auf Jahre angelegten Gespräche von den Vorwürfen über die Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA in Europa. Hintergrund sind Anschuldigungen, Washington habe diplomatischen Vertretungen der EU und auch das Ratsgebäude in Brüssel abgehört - also genau da, wo das Abkommen mit vorbereitet wurde. Nach EU-Angaben soll eine weitere Arbeitsgruppe mit den USA parallel über das Thema Datenschutz sprechen.

Die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft soll in beiden Wirtschaftsblöcken das Wachstum deutlich ankurbeln und viele neue Arbeitsplätze schaffen. Es soll die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Bürgern entstehen. Laut Experten könnten bis zu zwei Millionen zusätzlicher Jobs geschaffen werden. Unterschiedliche technische Normen, Sicherheitsstandards oder Wettbewerbsvorschriften sperrten Unternehmen aus Europa und den USA zu sehr vom jeweils anderen Markt aus. Wirtschaftlich stehen die Handelsblöcke in hartem Wettbewerb mit aufstrebenden Ländern wie China, Indien und Brasilien. Der Verzicht auf Zölle und die Angleichung von Produktstandards könnten Einsparungen in dreistelliger Milliardenhöhe bringen. Auch für Deutschland als Exportnation wäre eine solche Freihandelszone enorm wichtig. Erwartet wird, dass sich das Treffen in dieser Woche anfangs lediglich um Verfahrensfragen und Terminabsprachen drehen wird. Am Mittwoch wollen beide Seiten erstmals vor die Presse treten.

Der Lange Weg zum Handelsabkommen

Strittig zwischen den USA und der EU ist insbesondere der Agrarbereich. Dort müssten die Regeln für den Umfang mit gentechnisch veränderten Futter- oder Lebensmitteln vereinheitlicht werden.

"Bespitzelung muss aufhören"

Für Deutschland spielt der Aspekt Datenschutz eine große Rolle. Die US-Regierung hat bislang dem Verdacht nicht widersprochen, dass der Geheimdienst NSA mit seinem Spähprogramm "Prism" Kommunikation per E-Mail und Telefon auch in Deutschland überwacht hat. Dies hatte der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ans Licht gebracht, der sich auf der Flucht befindet und wohl noch immer im Moskauer Flughafen Scheremetjewo festsitzt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will sich mit Regierungsbeamten und Geheimdienstvertretern in Washington um Aufklärung bemühen. Diese Gespräche sollen am Mittwoch beginnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Vorfeld bemüht, die Wogen zu glätten: Es müsse ein Ausgleich gefunden werden zwischen Sicherheitsmaßnahmen und Datenschutz, sagte sie am Samstag bei einer CDU-Veranstaltung. Aber die Bundesregierung müsse die Bürger auch vor Terrorismus schützen. Dafür sei eine Zusammenarbeit der Geheimdienste notwendig. Deutschland habe von den USA so viele Informationen bekommen, etwa über Aktivitäten der islamistischen Sauerland-Gruppe, die Anschläge in Deutschland geplant hatte.

Netzwerkkabel an Notebook (Foto: DW)
Erst durch den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden kam das Ausmaß der US-Schnüffelei ans LichtBild: Fotolia/benjaminnolte

FDP-Fraktionschef und Spitzenkandidat Rainer Brüderle sprach sich dafür aus, bei den EU-Verhandlungen in Washington mit dem Thema Wirtschaftsspionage zu beginnen. "Denn es hilft ja nichts, wenn wir Zölle senken und wechselseitig oder einseitig die Firmen ausspioniert werden." Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler betonte, bei aller Enttäuschung über das Vorgehen der Amerikaner sei ein Aussetzen der Verhandlungen ein falsches Signal. "Das Abkommen liegt im Interesse Europas und im besonderen Sinne Deutschlands."

as/wa (dpa, rtr, afp)