EU befürchtet neue Spirale der Gewalt
4. Juni 2015Die neu aufgeflammten Kämpfe in der Ostukraine drohten, eine "neuen Spirale der Gewalt und menschlichen Leids auszulösen", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel.
Die Gefechte seien ausgebrochen, nachdem die prorussischen Separatisten eine große Anzahl schwerer Waffen in der Waffenstillstandszone um die Stadt Donezk bewegt hätten, erklärte die EU-Sprecherin unter Berufung auf Angaben der Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Nach dem Minsker Abkommen dürfen in den Pufferzonen keine schweren Waffen stationiert sein. Das Abkommen könne nur Erfolg haben, wenn diese Waffen abgezogen würden, betonte die Kommissionssprecherin.
Viele Tote auf beiden Seiten
Bei den heftigsten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Separatisten seit Mitte Februar waren am Mittwoch zahlreiche Menschen getötet worden. Unabhängige Angaben zu genauen Zahlen gab es nicht. Das ukrainische Militär sprach von 5 getöteten Soldaten sowie 80 getöteten Separatisten, die Aufständischen hingegen
berichteten von 16 Toten in den eigenen Reihen sowie 5 Zivilisten.
Die Aufständischen hätten einen groß angelegten Angriff auf die Regierungstruppen gestartet, erklärte die Armee. Gekämpft wurde demnach nahe der Ortschaft Marjinka, rund 20 Kilometer westlich der Rebellenhochburg Donezk. Die Aufständischen bestritten eine Offensive, bestätigten aber, dass es bei Marjinka Kämpfe gebe.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko rechtfertigte den Einsatz schwerer Artillerie. Das Militär habe bei Marjinka einen Angriff der Separatisten "angemessen erwidert", sagte Poroschenko in einer Rede zur Lage der Nation im Parlament in Kiew. Der Staatschef machte Russland für die Gewalteskalation verantwortlich. "Der Donbass hätte den Krieg bereits wie einen schlechten Traum vergessen, wenn Moskau genauso den Frieden gewollt hätte wie Kiew", sagte Poroschenko.
"9000 russische Soldaten im Donbass"
Derzeit würden 14 russische Kampfgruppen mit insgesamt mehr als 9000 Soldaten an der Seite der Aufständischen im Donbass kämpfen, behauptete der ukrainische Präsident. Zudem bestehe die riesige Gefahr einer neuen großangelegten Offensive der pro-russischen Separatisten.
Die Regierung in Moskau wies diese Vorwürfe zurück und warf ihrerseits der Ukraine Provokationen vor dem G7-Gipfel am Sonntag und Montag in Deutschland vor. "Die ukrainische Seite hat in der Vergangenheit mehrfach Schritte unternommen, um im Vorfeld wichtiger internationaler Ereignisse die Spannungen zu erhöhen", sagte ein Kremlsprecher.
Steinmeier: Situation instabil
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte nach einem Gespräch mit seinem ukrainischen Kollegen Pawlo Klimkin in Berlin, es sei dringend nötig, "die Lage in den Griff zu kriegen". Die Situation sei "nicht so stabil, dass sie nicht jeden Tag wieder außer Kontrolle geraten kann", warnte der deutsche Chefdiplomat. Verletzungen der Vereinbarungen von Minsk könnten "dazu führen, dass wir erneut zurückfallen in einen Zustand militärischer Eskalation". "Das müssen wir verhindern", forderte Steinmeier. Alle Seiten müssten "sich auf den Boden von Minsk zurückbegeben".
wl/uh (dpa, afp, rtr)