EU will Internet-Sperren erzwingen
29. März 2010Die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat am Montag (29.03.2010) in Brüssel einen Richtlinien-Entwurf zur Sperrung kinderpornografischer Webseiten vorgelegt. Der Entwurf sieht eine Verpflichtung aller EU-Mitgliedstaaten zur Sperrung von Kinderpornografie im Netz vor. Dabei soll es den Ländern selbst überlassen bleiben, wie sie den Zugang blockieren.
Der Vorschlag muss noch EU-Parlament und Rat passieren. Bei Zustimmung müsste Deutschland die Netzsperren einführen, von denen sich die Bundesregierung erst im Februar verabschiedet hatte.
22 Strafbestände aufgeführt
Malmström schlägt einerseits vor, Anbieter von Internetdiensten zu ermutigen, "freiwillige Verhaltensregeln und Leitlinien zu entwickeln, um Nutzern den Zugriff auf kinderpornografische Websites zu verweigern". Möglich sei auch, dass Polizei und Justiz per Gesetz dazu ermächtigt werden, Anbieter zur Sperrung solcher Inhalte anzuhalten. Unter keinen Umständen will die Schwedin Bilder von Kindesmissbrauch als Meinungsäußerung gelten lassen. Damit stellt sie sich gegen den Vorwurf der Zensur. "Wenn Kinder erniedrigt werden, ist dies eine eindeutige Verletzung ihrer Grundrechte", so Malmström.
22 Straftatbestände enthält der Richtlinien-Entwurf laut "FAZ.net", darunter das so genannte Grooming. Bestraft wird demnach, wer versucht, Kinder in Online-Netzwerken ausfindig zu machen, um sie später zu missbrauchen. Minderjährige zu sexuellen Handlungen vor einer Webcam zu veranlassen, Kinderpornos gezielt im Netz zu suchen und anzuschauen ist demnach genauso strafbar wie der Besitz und die Verbreitung von kinderpornografischem Material.
Viele EU-Länder befürworten Vorstoß, Zurückhaltung in Deutschland
In Finnland, Schweden, Dänemark, Großbritannien und Italien werden Internetsperren bereits eingesetzt. Belgien, Frankreich, Irland, die Niederlande, Spanien und Slowenien sollen dem Vorhaben laut "FAZ.net" positiv gegenüberstehen. Daher rechne die Kommission mit großer Unterstützung.
Die Bundesregierung reagierte auf den Vorstoß der EU-Kommission zur Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten dagegen zurückhaltend. "Die Bundesregierung geht ausdrücklich einen Schritt weiter, indem sie auf eine Löschung hinarbeitet, statt auf eine Sperrung", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin.
Die frühere Familienministerin Ursula von der Leyen hatte in der vergangenen Legislaturperiode das "Zugangserschwernisgesetz" gegen massive Proteste von Bürgerrechtlern und Datenschützern in den Bundestag eingebracht. Es trat unter der neuen Regierung im Februar 2010 in Kraft, wurde dann aber durch das Innenministerium gestoppt. Derzeit wird in Berlin an einer gesetzlichen Regelung zur Löschung von Websites mit kinderpornografischem Inhalt gearbeitet.
Autor: Stefanie Zießnitz (afp, ap, dpa, epd)
Redaktion: Ursula Kissel