EU über Syrien tief gespalten
28. Mai 2013Die EU-Außenminister haben die Wirtschaftssanktionen gegenüber Syrien verlängert, nicht aber das gemeinsame Waffenembargo. Das läuft nun am kommenden Samstag, dem 1. Juni, aus. Die Frage, ob Waffen an die Aufständischen geliefert werden, ist damit Sache der Einzelstaaten. Damit haben sich Großbritannien und Frankreich gegenüber dem Rest der EU durchgesetzt.
Doch die Verärgerung bei manchen Kollegen ist groß. Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger warf Briten und Franzosen indirekt Erpressung vor. Nach außen versuchen die meisten trotzdem, die Entscheidung als Konsens zu verkaufen. Die Kriterien, nach denen Rebellen Waffen erhalten könnten, würden gemeinsam festgelegt, meinte der französische Außenamtschef Laurent Fabius. Nur demokratisch gesinnte Kräfte würden unterstützt. Und sein britischer Kollege William Hague versprach: "Wir würden Waffen nur liefern nach Absprache mit anderen Ländern, nach sorgfältiger Prüfung der Umstände und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht." Nun habe man aber "die Flexibilität, um auf eine sich verschlechternde Situation reagieren zu können oder wenn es das Assad-Regime ablehnt zu verhandeln."
"Dann können wir den Laden zumachen"
Stundenlang hatten die Minister um eine gemeinsame Position gerungen. Außenminister Guido Westerwelle hatte bereits bei seiner Ankunft in Brüssel gewarnt: "Wenn wir in Syrien Einfluss haben möchten als Europäer, dann nur, wenn wir uns möglichst einig sind." Sein luxemburgischer Amtskollege Jean Asselborn drückte sich noch drastischer aus: "Unfähig sein, zu einem Kompromiss zu kommen, das wäre das Allerschlimmste. Dann könnten wir hier den Laden zumachen."
Doch der Streit um das Waffenembargo schlug mitunter hohe Wellen. Hague fragte rhetorisch: "Wie lange können wir noch zusehen, wie auf die Menschen in Syrien alle erdenklichen Arten von Waffen niedergehen, während der größte Teil der Welt ihnen die Möglichkeit zur Verteidigung verweigert?" Frankreichs Minister Laurent Fabius sprach auch von "wachsendem Verdacht", dass Assads Truppen Giftgas einsetzen. Hague fügte hinzu, die bisherige Untätigkeit der Europäer fördere den Extremismus. Hague wollte seine Forderung nach Waffenlieferungen aber auch als Teil einer diplomatischen Strategie vor der geplanten internationalen Syrien-Konferenz in Genf im Juni verstanden wissen. Das Assad-Regime solle "die klare Botschaft bekommen, dass es ernsthaft verhandeln muss."
Angst vor Rüstungswettlauf
Auf der Gegenseite der Debatte standen etwa die Österreicher. Außenminister Spindelegger lehnte Waffenlieferungen als 180-Grad-Wende der bisherigen europäischen Politik ab. Die EU sei eine Friedensunion und müsse sich aus Kriegen heraushalten. Waffenlieferungen würden den Menschen in Syrien auch nicht helfen: "Wenn wir mehr Waffen dort hineinliefern, würde ja am Ende nicht unbedingt der Friede stehen, sondern es würde ein Rüstungswettlauf entstehen."
Verbreitet ist in der EU auch die Sorge, Waffen würden Extremisten in die Hände fallen, zumal die Opposition zersplitterter denn je erscheint. Im Gegensatz zu Hague glaubt Spindelegger auch, dass ein Beschluss zugunsten von Waffenlieferungen die Genfer Konferenz eher gefährden würde. Statt eines Wettlaufs von Rüstungsgütern wolle er "einen Wettlauf der politischen Ideen, wie man den Konflikt lösen kann."
Ashton sieht bei jedem eine gute Absicht
Immerhin hat sich die Befürchtung, bei einem Ende des Waffenembargos werde das gesamte Sanktionsregime fallen, nicht bewahrheitet. Alle wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Assad, seine Regierung und Unterstützer bleiben bestehen.
Mühsam versuchte die EU-Außenrepräsentantin Catherine Ashton nach der langen Sitzung, jedem Teilnehmer eine gute Absicht zu attestieren: "Alle Positionen hierzu sind wirklich ehrenwert, weil jeder versucht herauszufinden, wie man das syrische Volk am besten unterstützt." Doch das kann nicht über die Zerrissenheit der EU hinwegtäuschen. Selten zuvor bei einem Außenministerrat sind die Meinungen so heftig und auch so öffentlich aufeinandergeprallt wie an diesem Montag.