1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sterben in Würde

Eugen Brysch10. Februar 2014

Beihilfe zur Selbsttötung verhindert ein Lebensende in Würde - meint Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz

https://p.dw.com/p/1AtfC
Eugen Brysch, Vorsitzender Deutsche Stiftung Patientenschutz
Bild: Deutsche Stiftung Patientenschutz

Es gibt ein Recht auf Leben – aber keine Pflicht zu leben. Der Suizid ist nicht verboten. Doch einen Rechtsanspruch auf Tötung gibt es nicht. Der Tod aus den Gelben Seiten darf kein Angebot werden. Denn Angebot schafft Nachfrage. Deshalb setzen wir Patientenschützer uns dafür ein, dass die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe strafbar wird. Egal, ob sie kommerziell oder nicht-kommerziell daher kommt. Denn das Prinzip ist ethisch falsch. Leid und menschliche Verzweiflung werden sich nie aus der Welt schaffen lassen. Menschen brauchen dann professionelle Hilfe, Nähe und Zeit.

Um es deutlich zu sagen: Die Beihilfe zur Selbsttötung ist keine Fortführung einer würdigen Sterbebegleitung. Beides hat nichts miteinander zu tun. Das Eine schließt das Andere sogar aus.

Ein Lebensende in Würde – darum muss es uns gehen. Mit "Ende" meine ich nicht die letzten vier Lebenswochen. Nein, häufig gehen Jahre der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit voraus. Übrigens: 60 Prozent der Bundesbürger würden sich schon bei drohender Pflegebedürftigkeit eher für die organisierte Selbsttötung entscheiden als für den derzeitigen Pflegealltag. Deshalb: Die neue Bundesregierung muss eine echte Pflegereform auf den Weg bringen: Würde wahrend, solide finanziert, generationsgerecht.

Und geht es ans Sterben, brauchen wir eine professionelle palliative und psycho-soziale Begleitung. Die fordern wir flächendeckend und auf Hospiz-Niveau. Dabei ist es zweitrangig, ob dieses Angebot im Hospiz erfolgt, im Pflegeheim oder durch ein ambulantes Palliativ-Team zu Hause. Entscheidend ist die Qualität der Begleitung. Aktuell bekommen nur 16 Prozent der Betroffenen ein solches Angebot, 437.000 Menschen mussten im Vorjahr ohne diese Begleitung sterben.

Vor einem Trugschluss möchte ich warnen: Ein Tod, der durch einen Suizidhelfer begleitet wird, tritt weder immer schnell noch immer friedvoll ein. Es kommt vor, dass der Todeskampf Stunden dauert.

Nein, wir sollten in Würde sterben.

Eugen Brysch ist Vorsitzender der Deutschen Stiftung Patientenschutz, die 1995 als Deutsche Hospiz Stiftung gegründet wurde.