EuGH erklärt Dieselsoftware für illegal
17. Dezember 2020Ein Auto-Hersteller darf keine Abschalteinrichtung in seine Motoren einbauen, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung der Abgasreinigung verbessert, erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Auch die Verminderung von Verschleiß oder Verschmutzung des Motors könne eine solche Abschalteinrichtung nicht rechtfertigen.
Im September 2015 war aufgeflogen, dass Volkswagen mit spezieller Software Abgaswerte bei Zulassungstests manipuliert hatte. Die Folge waren Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe und eine Klagewelle, die immer noch läuft.
Hintergrund des EuGH-Verfahrens ist ein Fall aus Frankreich, wo gegen einen Hersteller wegen arglistiger Täuschung ermittelt wird. Dieser wird in den Gerichtsakten nur mit "X" bezeichnet. Volkswagen hat jedoch bestätigt, dass es um seine Fahrzeuge geht.
"Thermofenster" nicht zulässig
Im Kern ging es um die Bewertung der Software, die erkennt, ob ein Auto für Zulassungstests im Labor geprüft wird. Während der Tests läuft mit voller Stärke die sogenannte Abgasrückführung, die den Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide verringert. So werden im Labor Schadstoffgrenzwerte eingehalten. Im Normalbetrieb wird die Abgasrückführung dann aber gedrosselt. Der Effekt ist mehr Motorleistung, aber eben auch mehr Stickoxid.
Die Abgasreinigung wurde unstreitig so programmiert, dass sich ein sogenanntes "Thermofenster" ergibt. Thermofenster bedeutet, dass die Abgasreinigung nur bei Temperaturen über zehn Grad Celsius funktioniert. Bei Temperaturen unter zehn Grad findet hingegen keine Abgasreinigung statt.
BGH fällt Urteil zur Verjährung
Der EuGH hatte im Wesentlichen zwei Fragen zu klären: Handelt es sich bei der Software um eine "Abschalteinrichtung"? Diese sind laut EU-Recht grundsätzlich verboten, es gibt aber Ausnahmen, unter anderem, wenn es darum gehe, "den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen" oder "den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten". Die zweite Frage war also: Fällt diese Software unter die Ausnahme?
Die zuständige Generalanwältin Eleanor Sharpston hatte letztere Frage in ihrem Gutachten zum Fall im Frühjahr eindeutig verneint. Der EuGH folgte dieser Einschätzung nun.
Auch in Deutschland fällt heute ein Urteil zum VW-Abgasskandal. Der Bundesgerichtshof (BGH) verkündet sein erstes Urteil zur Verjährung. Im konkreten Fall wusste ein Diesel-Besitzer bereits 2015, dass sein Auto betroffen ist. Seine Schadenersatz-Klage gegen Volkswagen reichte er allerdings erst 2019 beim Landgericht Stuttgart ein. Die Richter werden voraussichtlich entscheiden, dass dies zu spät war.
nob/rb (dpa, afp, rtr)