EM-Stadien bereiten den Organisatoren Kopfschmerzen
11. Juli 2022Obwohl das Turnier gerade erst begonnen hat, hat die Euro 2022 bereits Maßstäbe im Frauenfußball gesetzt. Englands nicht unbedingt überzeugender Sieg über Österreich im Eröffnungsspielwar einer davon. Vor 68.781 Fans im altehrwürdigen Old Trafford war es ein pulsierendes Ereignis. "Es war unglaublich. Ich denke, die Atmosphäre spricht für sich selbst, und die Menge der Leute, die gekommen sind, war unglaublich", schwärmte die englische Mittelfeldspielerin Georgia Stanway.
Dieses hohe Niveau sollte sich während des Turniers zunächst nicht fortsetzen, bereits das zweite Spiel fiel weit dahinter zurück: Beim 4:1-Triumph Norwegens über Nordirland in Southampton waren nur etwa 9000 der 31.000 Sitzplätze im St. Mary's Stadium besetzt.
Bei anderen Spielen der frühen Gruppenphase kamen zwar 16.891 ins MK Stadium und 15.746 is Brentford Community Stadium - dennoch wird einem EM-Spiel bei halbleeren Stadien viel Spektakel genommen. "Ich habe gehört, dass es einige Beschwerden über zu kleine Stadien gegeben hat. Aber ich spiele lieber in einem kleinen Stadion mit vielen Leuten als in einem großen Stadion, das halb voll ist", sagte die schwedische Verteidigerin Nathalie Björn der DW.
Schwieriger Balanceakt
Die Organisationen des Turniers - der englische Verband FA und der europäische Fußballverband UEFA - stehen vor einer schwierigen Herausforderung. Während das Interesse am Frauenfussball in den letzten Jahren explodiert ist, war das Wachstum oft uneinheitlich. Die Spitzenteams haben zahlreiche Zuschauerrekordegebrochen, aber das Interesse an kleineren Mannschaften ist damit nicht nachgekommen. Das macht es schwierig, die Nachfrage nach Spielen abzuschätzen, die nicht zu den Topspielen gehören.
Bei einem Rekordverkauf von 500.000 Karten ist nicht zu vergessen, dass noch viele Karten zu haben sind. Und bei den bereits verkauften Tickets dürfte auch die Preisgestaltung große Auswirkungen haben: Laut BBC sind etwa 1000 Menschen, die Tickets für das Spiel in St. Mary's gekauft haben, nicht ins Stadion gegangen. Familienfreundliche Preise ab 12 Euro heißen auch, dass es kaum finanzielle Hürden gibt, es sich in letzter Minute anders zu überlegen. Wären die Tickets allerdings teurer, wäre das Turnier für viele nicht mehr so attraktiv.
Die Turnierorganisatoren wurden auch wegen der ausgewählten Austragungsorte kritisiert. Während einige Stadien wahrscheinlich voll sein werden, sind andere zu klein für die erwarteten Menschenmassen.
Nur 4400 Plätze in Manchester
Das Manchester City Academy Stadium, das normalerweise 7.000 Zuschauern Platz für die Spiele der Manchester City Women's Super League bietet, wird drei Spiele der Gruppenphase beherbergen. Da zwei seiner Tribünen nur Stehplätze bieten und daher nicht den UEFA-Standards entsprechen, wurde die Kapazität auf 4400 reduziert.
"Ich will nicht lügen. Als wir es zum ersten Mal sahen, war es eine Enttäuschung. Aber wir können das nicht ändern. Es ist, wie es ist. Ich hoffe, sie lernen daraus. Wir sind hier, um Spiele zu spielen und die Leute zu unterhalten, und wir werden das Stadion füllen", sagte die Isländerin Gunnhildur Yrsa Jónsdóttir der DW.
Island, das dafür bekannt ist, dass es bei großen Turnieren regelmäßig als kleinste Nation Horden von Fans in die Gastgeberländer mitbringt, trägt zwei Spiele im Manchester City Academy Stadium aus.
Mehr herausragende Momente schaffen
Das Eröffnungsspiel und die weiteren Spiele mit englischer Beteiligung (die allesamt ausverkauft sind) werden die Höhepunkte der Europameisterschaft sein. Andere Spiele sind nicht ganz so packend.
"[Unsere Strategie] bestand nie darin, sich nur auf England zu konzentrieren", sagte Chris Bryant, der Leiter der Turnierorganisation des Fußballverbands, auf einer Pressekonferenz. "Wir wussten immer, dass wir die Spiele in England ausverkaufen mussten, um die Nachfrage nach anderen Spielen zu steigern, denn wir wollen, dass alle Teams in allen Stadien eine tolle Atmosphäre erleben."
Die Begeisterung zu wecken und dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb auch ohne Beteiligung der Gastgeberinnen zum Leben erweckt wird, ist ein größeres Problem als die Auswahl der Stadien. Vor Ort in Manchester wird durchaus für die EURO geworben, aber ziemlich zurückhaltend. Abgesehen von den Stunden vor dem Auftaktspiel fühlte es sich nicht so an, als sei man in einer Gastgeberstadt oder gar dem Zentrum des Turniers.
Das Finale im Wembley-Stadion ist bereits ausverkauft und es wird einen neuen Zuschauerrekord geben. Die EURO 2022 wird sicher auch von magischen Momenten geprägt sein. Aber die Organisatoren haben noch viel Arbeit vor sich, damit der Zauber des Eröffnungsspiels während der gesamten EURO und nicht nur beim Finale aufrechterhalten wird.
Aus dem Englischen adaptiert von Olivia Gerstenberger.