Europäische Bankenkonkurrenz hängt Deutschland ab
5. April 2005Im vergangenen Jahr erreichten 22 der 25 größten europäischen Großbanken laut Handelsblatt eine Nachsteuer-Rendite von 15 Prozent, deutsche Großbanken dagegen streben im laufenden Jahr nur rund 8 bis 9 Prozent an, allein die Deutsche Bank hofft auf eine Rendite von 15 Prozent.
Aktionärs-Pech, Kundenglück
Sind die vergleichsweise niedrigen Renditen der deutschen Großbanken ein Grund zur Besorgnis? "Das kommt immer auf die Sichtweise an", sagt Dorothea Schäfer, Bankenexpertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW). Auf der einen Seite bestätigten Untersuchungen die vergleichsweise niedrigen Gewinne in Deutschland. So lag die durchschnittliche Eigenkapitalrendite in dem Zeitraum von 1992 bis 2001 bei deutschen Banken laut einer Studie von Deutsche Bank Research bei nur knapp sechs Prozent, in Großbritannien dagegen bei über 16 Prozent.
Andererseits sei einer der Hauptgründe für die schlechteren Renditen die größere Konkurrenzsituation in Deutschland, und die habe schließlich für die Bankkunden erhebliche Vorteile. "Bei viel Wettbewerb sinken natürlich die Margen", sagt Dorothea Schäfer. "Für die Kunden sind die Kreditkonditionen günstiger." Zwar sei die deutsche Situation für die Aktionäre der Banken aufgrund der Renditen weniger gut, aber: "Die Kunden sollten sich die deutsche Situation wünschen", sagt Dorothea Schäfer.
Hohe Personalkosten
Neben der Konkurrenzsituation nennt Dorothea Schäfer auch die lahmende deutsche Konjunktur und hohe Personalkosten als Ursachen für geringere Gewinne. So plädiert sie durchaus für Personalabbau, wenn die Entlassungen denn nötig seien, um eine Bank in wirtschaftlicher Notlage aus den roten Zahlen zu bringen. Sie warnt allerdings vor Kündigungen, wenn Gewinne gemacht werden. "Gerade, wenn Bereiche wie die Kundenberatung eingeschränkt werden, ist nicht klar, ob die Auswirkungen nicht auch für die Gewinne negativ sind", sagt Schäfer.
Insgesamt sieht Schäfer in dem europäischen Vergleich aber keinen Anlass zu größerer Beunruhigung. Der Einbruch in der Bankenszene vor zweieinhalb Jahren sei überwunden, die meisten Banken hätten den "turnaround" geschafft. "Von einer ungesunden Entwicklung im Bankenbereich kann keine Rede sein", urteilt Schäfer.
Zu wenig freier Wettbewerb?
Weniger positiv sieht Dieter Hein vom Aktienanalyseunternehmen "fairesearch" die Lage. "Die vergleichsweise schlechte Gewinnsituation der Banken in Deutschland ist nichts Neues", sagt Hein. Sie habe ihre Ursache im fehlenden freien Wettbewerb. Die staatliche Subventionierung von Kreditinstituten wie Sparkassen und Landesbanken verhindere eine Wettbewerbsbereinigung. Nur eine Konzentration im Bankensystem könne dazu führen, dass eine verringerte Anzahl von Banken höhere Gewinne mache. Nach Heins Ansicht hat sich die Situation deutscher Banken sogar "drastisch verschlechtert". Heute sei, anders als vor fünfzehn Jahren, keine deutsche Bank mehr unter den Top 20. Im Zusammenhang mit der Globalisierung müsse man nun fürchten, dass es immer mehr deutsche Übernahmekandidaten gebe, sagt der Analyst. Die Auswirkungen eines Stellenabbaus durch entsprechende Wettbewerbsbereinigungen fürchtet er nicht: "Erstmal ist eine Schrumpfung notwendig, aber wenn der Sektor saniert ist, kann es wieder Neueinstellungen geben."
Spekulationssteuer gefordert
Eine Argumentation, der die globalisierungskritische Bewegung attac nicht folgen kann. "Märchenhaft" sei doch die Situation in der deutschen Bankenlandschaft, wenn die Deutsche Bank derartige Gewinnsteigerungen anstrebe, sagt der attac-Finanzmarktexperte Peter Wahl. Die Tatsache, dass die Banken Renditen anstrebten, die höher lägen als das volkswirtschaftliche Wachstum, sei ein "parasitäres Phänomen". Insgesamt gehe es den Banken bestens. "Wenn es einzelnen Banken schlecht geht, liegt das an hochriskanten Spekulationsgeschäften", sagt Wahl. Solche Geschäftspraktiken wolle attac durch die Einführung einer Spekulationssteuer verhindern. Damit solle vermieden werden, dass die Angestellten die Einbrüche bezahlen müssten.