Europäisches Musterland?
In den Niederlanden wird gewählt. Ausgerechnet in dem Land, das wegen seiner liberalen Grundhaltung geschätzt wird und in dem die Wirtschaft floriert, könnten Rechtspopulisten die stärkste Partei werden.
Europäisches Musterland?
Die Niederlande, Gründungsmitglied der EWG - der heutigen EU -, sind ein blühendes Land: Ein stabiles Wirtschaftswachstum bei ausgeglichenem Haushalt und geringer Arbeitslosigkeit, bekannt für ein liberales gesellschaftliches Klima. Hier wird in ein paar Tagen gewählt - und ausgerechnet hier haben Rechtspopulisten ausgesprochen gute Chancen, stärkste Partei zu werden. Woran liegt das?
Der große Vereinfacher
In der globalisierten Welt werden gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Probleme immer komplexer. Viele Menschen fühlen sich damit überfordert. Darin liegt die große Chance der Populisten. In den Niederlanden ist es Geert Wilders mit seiner "Partei der Freiheit", PVV, der mit einfachen Antworten auf komplizierte Fragen sehr erfolgreich auf Stimmenfang ist.
Gebrochene Versprechen
Regierungschef Mark Rutte war angetreten mit dem Versprechen, für wirtschaftliche Erholung und wachsenden Wohlstand zu sorgen. Und er hat geliefert: Die ökonomischen Rahmendaten sind eindeutig positiv. Das Problem ist nur, dass sehr viele Niederländer in der Mittel- wie der Unterschicht davon nichts merken. Ihnen geht es heute nicht besser als vor fünf Jahren.
Grassierender Vertrauensverlust
Zum Beispiel hatte Rutte versprochen, kein Geld mehr für die Entschuldung anderer Volkswirtschaften ausgeben zu wollen. Aber schon bald nach Amtsantritt stimmte die Regierung dem Hilfspaket für Griechenland zu - der Vertrauensverlust setzte ein. In der Folge erhöhte die Regierung auch noch das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre und kürzte Sozialleistungen.
Wer profitiert vom Boom? Wir jedenfalls nicht!
Bald merkten die Niederländer: Sie selbst sind es, die für den Aufschwung bezahlen. Sie müssen Abstriche beim Arbeitslosengeld hinnehmen und bei der Gesundheitsvorsorge sparen. Der Aufschwung kommt bei den Bürgern nicht an. Zwar ist die Arbeitslosigkeit gesunken, doch viele Niederländer verdienen, auch wenn sie arbeiten, nicht mehr genug, um ihren Lebensstandard halten zu können.
"Unser Boot ist voll!"
Unter solchen Umständen greifen nationalistische Reflexe - auch in den Niederlanden, dessen eigentlich liberale Grundhaltung vielen anderen Europäern schon seit vielen Jahren vorbildlich erscheint. Auch die Niederlande wehren sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Einem Rechtspopulisten wie Geert Wilders kommt dieser Reflex gerade recht, er ist geradezu Wasser auf seine Mühlen.
Angst vor Fremden
Fremden, und dabei vor allem Muslimen, gilt Wilders besonderes Augenmerk: Kaum ein Auftritt, bei dem er nicht davor warnt, das Land werde bald "islamisiert". Wie Donald Trump es in den USA mit den Mexikanern hält, die er für alles Schlechte im Land verantwortlich macht, zieht Wilders regelmäßig über "Marokkaner" her, die seiner Ansicht nach in den Niederlanden nichts verloren hätten.
"Nicht bei uns!"
Der Islam ist in Europa am ehesten durch seine Gotteshäuser sichtbar, und viele wollen sie einfach nicht mehr sehen - ein weiterer Reflex, den Wilders nutzt. Er fordert ein landesweites "Moscheeverbot". Er polemisiert gegen die "islamische Ideologie", kritisiert den Euro und stellt die EU als Ganzes in Frage. Dazu verspricht er den Wählern eine Verbesserung der Altenpflege und Rentenerhöhungen.
Die Chance des Populisten
Am Tag als Donald Trump US-Präsident wurde, lag Geert Wilders PVV in den Umfragen erstmals vorn. Dort hat er sich gehalten - mit nur geringen Schwankungen. In dieser Umfrage von Ende Februar wird der Trend deutlich: Im Vergleich zur letzten Wahl 2012 (jeweils der linke Balken) legt die PVV kräftig zu, während die VVD von Premier Rutte und die sozialdemokratische PvdA kräftig Federn lassen.
"Wir müssen uns schützen!"
Im Klima von Unzufriedenheit und Unsicherheit kann Wilders offenbar punkten. Aber: Bislang konnten extreme Parteien in unserem Nachbarland ihre guten Umfragewerte nur selten an den Wahlurnen behaupten. Vorläufig jedenfalls scheint das Argument zu verfangen, das Land brauche hohe Deiche: Zum Schutz gegen das Wasser der Nordsee und, folgt man Geert Wilders, auch bald gegen Fremde und Flüchtlinge.
Die Niederlande, Gründungsmitglied der EWG - der heutigen EU -, sind ein blühendes Land: Ein stabiles Wirtschaftswachstum bei ausgeglichenem Haushalt und geringer Arbeitslosigkeit, bekannt für ein liberales gesellschaftliches Klima. Hier wird in ein paar Tagen gewählt und ausgerechnet hier haben Rechtspopulisten ausgesprochen gute Chancen, stärkste Partei zu werden. Woran liegt das?