Schwere Vorwürfe
8. Juni 2007Die damaligen Präsidenten beider Länder, Aleksander Kwasniewski und Ion Iliescu, hätten diese Geheimgefängnisse erlaubt, heißt es in einem am Freitag (8.6.) in Paris vorgestellten Bericht des Schweizer Sonderermittlers Dick Marty. Polen und Rumänien wiesen diese Vorwürfe umgehend zurück. Die Bundesregierung in Berlin widersprach energisch Aussagen Martys, Deutschland habe die Ermittlungen behindert.
Der Europaratsermittler hatte mehreren Mitgliedsländern des Europarates, besonders jedoch Deutschland und Italien, vorgeworfen, die Aufklärung illegaler Praktiken wie die Überstellung von Terrorverdächtigen an die USA "wie ein Staatsgeheimnis" behandelt zu haben. Die Geheimklausel sei angewandt worden, um Parlamentariern die Aufklärung zu erschweren oder die Ermittlungen der Justiz zu verhindern, schrieb Marty. US-Präsident George W. Bush hatte 2006 erstmals öffentlich zugegeben, dass derartige geheime Gefängnisse existierten.
Verschärfte Befragungstechniken
Im polnischen Geheimgefängnis Stare Kiejkuty unweit des Regionalflughafens Szymany im Norden des Landes würden - so Marty - nach CIA-Sprachgebrauch "hochwertige Häftlinge (High-Value Detainees)" festgehalten. Der mutmaßliche palästinensische Terrorist Abu Subaida und ein führendes Mitglied der Terrororganisation El Kaida, Chalid Scheich Mohammed, seien dort mit "verschärften Befragungstechniken" vernommen worden.
In Rumänien gab es nach Martys Angaben bestimmte Zonen im Norden und Osten des Landes, "wo die Amerikaner ohne jede Behinderung mit ihren Gefangenen umgehen konnten". Dort seien eher zweitrangige Verdächtige wie Mitarbeiter von Taliban-Führern, Helfer von Rädelsführern im Irak oder mutmaßliche Terrorführer aus dem Nahen Osten festgehalten worden.
Kritik im Fall El Masri
Die USA haben dem Bericht zufolge mit ihren NATO-Partnern 2001 einen Geheimvertrag geschlossen, um in Folge der Terroranschläge von 11. September 2001 illegale Praktiken wie die Entführung Terrorverdächtiger und ihre Inhaftierung zu ermöglichen. Der 62-jährige frühere Staatsanwalt Marty stützt sich auf Informationen aus amerikanischen Geheimdiensten, aus Polen und Rumänien sowie auf Untersuchungen von Flugplänen.
Marty kritisierte die Bundesregierung im Fall Khaled el Masri heftig. Den Fall des Deutschen, der 2004 nach Afghanistan verschleppt und dort gefoltert wurde, behandle die Regierung wie eine "Staatsgeheimnis", erklärte Marty in einem am Freitag in Paris vorgelegten Bericht. Damit würden weitere Aufklärung und eine Entschädigung des Unschuldigen verhindert. Marty nennt in seinem Bericht Einzelheiten über die "Rückführung" El Masris nach Deutschland. Es gebe nur einen Grund, warum die verantwortlichen Regierungen dies nicht auch schon herausbekommen hätten, schreibt Marty: "Sie sind nicht daran interessiert, dass die Wahrheit ans Licht kommt."
Vorwürfe zurückgewiesen
Die Bundesregierung wies die massiven Vorwürfe zurück. Marty sei jeden Beweis für seine Vorwürfe an die Adresse Deutschlands schuldig geblieben, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin. Auch Rumänien widersprach Martys Vorwürfen. Die polnische Regierung bleibt ihrerseits dabei, dass es in Polen keine geheimen Gefängnisse und Verhörzentren der CIA gegeben hat. "Es gab keine geheimen Zentren in Polen", sagte Robert Szaniewski, der Sprecher des polnischen Außenministeriums, am Freitag der polnischen Nachrichtenagentur PAP. "Wir warten auf weitere Einzelheiten, wir warten auf Beweise", sagte der Ministeriumssprecher.
Prozess in Italien gegen CIA-Agenten
Derweil hat in Mailand erstmals ein Prozess wegen einer CIA-Entführung begonnen. Über vier Jahre nach der Verschleppung des aus Ägypten stammenden Terrorverdächtigen Abu Omar aus Italien sind in Abwesenheit 25 Agenten des US-Geheimdienstes CIA sowie ein weiterer Amerikaner angeklagt. Weitere Beschuldigte sind der ehemalige Chef des italienischen Militärgeheimdienstes Sismi, Nicolo Pollari, und sein Stellvertreter.
Die CIA-Männer haben laut Staatsanwaltschaft im Februar 2003 den ehemaligen Imam einer Moschee, Abu Omar, auf offener Straße in Mailand gekidnappt und über den US-Flughafen Ramstein (Rheinland- Pfalz) nach Ägypten gebracht. Dort wurde er nach eigenen Aussagen schwer gefoltert und erst vor einigen Monaten endgültig wieder frei gelassen. (stl)