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Rundfunk in Europa

4. Juni 2010

Fast überall in der Europäischen Union gibt es das Nebeneinander von Öffentlich-rechtlichen Sendern und privaten Fernsehstationen, je nach Land in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Hier einige Beispiele:

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Wand mit Fernsehern auf der Internationalen Funkausstellung IFA in Berlin (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa
BBC Logo

Das letzte Mitgliedsland der EU, in dem das Monopol der Öffentlich-Rechtlichen oder halbstaatlichen Fernsehkanäle gebrochen wurde, ist Österreich. Erst 2003 nahm der landesweite Privatsender ATV seinen Sendebetrieb auf. Dominierend sind die Öffentlich-Rechtlichen Kanäle des Österreichischen Rundfunks (ORF). ATV ist ein Gemeinschafts-Unternehmen einer deutschen Mediengruppe und einer Bank in Österreich. Eine große Rolle spielen die österreichischen Ableger der privaten deutschen Sender wie Sat1, Pro7 oder RTL. Das lange Monopol des ORF, auf den die Regierungsparteien in Wien erheblichen Einfluss ausüben, hatte auch technische Gründe. In den Alpentälern war es lange nicht möglich, ausreichend Sender und terrestrische Frequenzen bereitzustellen. Das hat sich mit der Satelliten- und Digitaltechnik geändert.

Die gute alte Tante BBC

Logo ORF.at Österreich

Vorbild für die öffentlich-rechtlichen Sender in Europa ist sicherlich die British Broadcasting Cooperation (BBC) in Großbritannien, die sich aus einer Gebühr finanziert und relativ staatsfern organisiert ist. Sie verbreitet für vier Milliarden Euro Gebühreneinnahmen jährlich zwei nationale Fernsehkanäle mit Regionalausgaben, eine ganze Reihe von digitalen Spartenkanälen, Parlamentsfernsehen und BBC World. Die hochwertigen werbefreien Bildungs-Programme vermarktet die BBC weltweit und erzielt damit zusätzliche Einnahmen.

Die BBC sendet mit einer staatlichen Lizenz, die 2016 zur Erneuerung ansteht. Sie musste in den letzten Jahren Reformen durchführen, um die Verwaltung abzubauen und Mittel einzusparen. Die privaten Kanäle ITV und Channel 5 sowie das Bezahlfernsehen BSkyB sind wesentlich kleiner. Ein weiterer öffentlich-rechtlicher Kanal ist Channel 4, der aber aus Werbeeinnahmen finanziert wird. Channel 5 gehört zur deutschen Bertelsmann-Gruppe, einem weltweit agierenden Medienkonzern. Den digitalen Kabelmarkt bedient ein Konsortium, dem die BBC und BSkyB des australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch angehören.

Italien fest in einer Hand

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In Italien denkt man beim Stichwort Fernsehen sofort an den Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Ihm gehören über seine Firma Fininvest und deren Tochter Mediaset Anteile an den drei privaten Fernsehkanälen Canale 5, Italia 1 und Retequattro. Marktführer ist Canale 5 mit einem besonders seichten und regierungsnahen Programm. Der Regierungschef hat großen Einfluss auf die öffentlichen Kanäle der Radiotelevisione Italiana (RAI). Das Kontrollgremium der RAI wird vom Finanzminister ernannt. Die Chefs der Sender sind von der Regierung eingesetzt. Damit sichert sich Berlusconi Zugriff auf rund 90 Prozent des italienischen Fernsehmarktes, was vom Europäischen Parlament heftig kritisiert wurde.

Auf dem Markt des Bezahlfernsehens im analogen Satelliten- und Kabelmarkt versuchen Berlusconis Firmen derzeit den Marktführer Sky des australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch anzugreifen. Mediaset will mit staatlicher Unterstützung verhindern, dass sich Murdoch auch im digitalen Bezahlfernsehen breit macht. Hier waren bislang Berlusconis Sender führend. In den Streit zwischen den Mediengiganten Berlusconi und Murdoch hat sich auch die EU-Kommission eingeschaltet. Sie muss entscheiden, welche Firma frei werden Frequenzen nutzen darf.

Ehemaliger Staatssender Marktführer

In Osteuropa haben sich den politischen Umwälzungen viele ehemals staatliche Fernsehsender zu öffentlich-rechtlich verfassten Medienunternehmen gewandelt, so auch in Polen. Der marktbeherrschende öffentliche Sender Televizija Polska (TVP) betreibt zwei nationale Kanäle, Regionalfernsehen und den internationalen Auslandssender TV Polonia. Die hauptsächlich im Besitz von ausländischen Medienkonzernen befindliche Grupa ITI betreibt die Senderfamilie TVN mit einer Reihe von Sparten- und Nachrichtenkanälen. Hinzu kommt der Sender Polsat, der sich im Besitz eines polnischen Medienunternehmers befindet, der sich auch in den baltischen Staaten engagiert hat. Auf dem Kabelmarkt tummeln sich eine Reihe amerikanischer und französischer Unternehmen. Außerdem können die Polen noch den kommerziellen Sender RTL7 sehen, der zur RTL-Gruppe und damit zum deutschen Bertelsmann-Konzern gehört.

Multinationale Fernsehkonzerne

Europaweit gesehen mischen eine Handvoll großer Medienkonzerne in den privaten Fernsehkanälen mit. Wichtigster Spieler ist die Bertelsmann AG aus Deutschland, die über ihre Tochter Radio Television Luxembourg (RTL) an 31 Fernsehstationen in zehn Ländern beteiligt ist. Über Produktionsfirmen erstellt RTL für diverse kommerzielle Sender Shows und Serien. Die deutsche Sendergruppe ProsiebenSat1 ist ebenfalls über zahlreiche Tochterfirmen an Fernsehsendern in ganz Europa beteiligt. Die in Luxemburg ansässige Firma Scandinavian Broadcasting System (SAS) gehört US-amerikanischen und nordeuropäischen Investoren. Sie ist vor allem in Nordeuropa, Rumänien und Ungarn auf den Fernsehmärkten aktiv. Dazu kommen noch außereuropäische Firmen wie Liberty und Central European Media Enterprises (CME), die in den sich entwickelnden Fernseh- und Kabelsendermärkten in Ost- und Südosteuropa Anteile halten.

Logo des italienischen Senders RAI
Bild: AP

Ein grenzübergreifendes öffentlich-rechtliches Fernsehen gibt es nur in Ansätzen. Euronews ist ein Nachrichtenkanal, der von der Europäischen Kommission mitfinanziert wird und in verschiedenen europäischen Sprachen sowie in Arabisch sendet. Der Sender in Lyon arbeitet mit verschiedenen öffentlich-rechtlichen Anstalten in ganz Europa zusammen. Daneben gibt es noch den deutsch-französischen Kulturkanal ARTE und den österreichisch-schweizerisch-deutschen Sender 3Sat.

Die Europäische Union regelt in einer Fernsehrichtlinie, dass sämtliche Programme, die in einem Mitgliedsland verbreitet werden, auch in anderen Mitgliedsländern zugelassen sind. Es gibt lediglich Mindestanforderungen an die Zahl und Länge der Werbeeinblendungen und an die Darstellung von Pornografie und jugendgefährdenden Inhalten. Pro Stunde sind höchstens 12 Minuten Werbung erlaubt. Der Zusammenschluss von Medienunternehmen, Zukäufe von Sendern unterliegen dem allgemeinen Wettbewerbs- und Fusionsrecht. Jeder Sender kann in jedem Mitgliedsland tätig werden.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Kay-Alexander Scholz