Bischofskonferenz wagt ein Revolutiönchen
22. Februar 2018Ein Ehepartner katholisch, der andere evangelisch. Diese Konstellation gibt es seit den 1960er Jahren in Deutschland hunderttausendfach. Und doch blieb die katholische Seite bislang beim grundsätzlichen Nein in der Frage, ob ein evangelischer Christ mit seinem katholischen Ehepartner zur Eucharistie, also zum Abendmahl gehen darf. Nun kommt eine Änderung, die eine Tür aufstößt - es ist keine Revolution, eher ein 'Revolutiönchen'. Und doch ist sie wegen der kontroversen innerkirchlichen Debatten bemerkenswert.
In mehrmonatiger Vorarbeit erarbeiteten Gremien der Deutschen Bischofskonferenz eine Orientierungshilfe. Sie wurde nun bei der Frühjahrskonferenz in Ingolstadt verabschiedet und soll den Geistlichen in der Seelsorge als Hilfe dienen. Darin geht man davon aus, dass in Ehen mit verschiedenen Konfessionen im Einzelfall "der geistliche Hunger nach dem gemeinsamen Empfang der Kommunion so drängend sein kann, dass es eine Gefährdung der Ehe und des Glaubens der Ehepartner nach sich ziehen könnte, ihn nicht stillen zu dürfen". Da gehe es um "Einzelfallentscheidungen" in einer "schweren geistlichen Notlage", die die Kirche ernst nehmen müsse.
"Keine generelle Lösung"
Die Bischöfe, so der Konferenz-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx, hätten sich "die Entscheidung nicht leicht gemacht". Das war schon in seiner Art des Vortrags zu spüren. Mehrfach verwies er darauf, dass es nicht um eine dogmatische Frage und nicht um eine "generelle Lösung" gehe, sondern um eine Handreichung für die Seelsorge. Trotz dieser geringen Hürden: Der Orientierungshilfe, die in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll, stimmte zwar eine Mehrheit der Bischöfe zu - aber längst nicht alle.
Dabei hatte Papst Franziskus vor einigen Tagen in einem Brief an Marx und den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zu weiteren Schritten in der Ökumene ermutigt. Mit Rückblick auf das Reformationsjubiläum 2017 der evangelischen Kirche schrieb er: Nun sei es das Gebot der Stunde, das gemeinsam Erreichte zu vertiefen und weiter voranzuschreiten.
Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" nannte die Uneinigkeit in der Konferenz, die trotz vieler Vorarbeiten Bestand habe, "enttäuschend". Die angekündigte Handreichung scheine noch sehr viel mehr am Kirchenrecht als an Impulsen von Papst Franziskus ausgerichtet zu sein, sagte Sprecher Christian Weisner der Deutschen Welle.
Lage in Syrien "unerträglich"
Zwei internationale Aspekte spielten bei der Bischofskonferenz scheinbar eine größere Rolle. Zum einen äußerte sich Marx zum Abschluss zur Lage in Syrien. "Es muss eine politische Lösung her", sagte Marx. Die jetzige Lage sei "unerträglich". Die Bischöfe, so der Kardinal, appellierten "dringend, dringend, dringend" an die Großmächte und die internationale Gemeinschaft, den Krieg zu beenden, damit der notleidenden Bevölkerung geholfen werden könne.
Umfassender blickten die Bischöfe auch auf die Situation der Kirche in Mittel- und Osteuropa. Dabei war das Bemühen spürbar, seitens der Kirche in Deutschland wieder intensiver die Kontakte nach Polen, Tschechien, Ungarn und in andere Länder zu pflegen. Es sind Länder, in denen sich die führenden Kirchenvertreter gelegentlich schwer tun, den rechtspopulistischen und antieuropäischen Kurs der jeweiligen Regierung anzusprechen. "Wir spüren in der letzten Zeit, dass die Beziehungen nach Mittel- und Osteuropa vor allem vom Westen her einen neuen Impuls brauchen", sagte der Vorsitzende der "Kommission Weltkirche" der Bischöfe, Bambergs Erzbischof Ludwig Schick. "Wir müssen den Dialog intensivieren." Dabei, so Schick, solle es genau so um politische Themen rund um Flucht und Migration wie um innerkirchliche Fragen gehen.
Der tschechische Soziologe und Theologe Tomas Halik berichtete als Gast der Bischöfe, es sei wichtig, der Nostalgie nach einem idyllischen "christlichen Europa" eine realistische Vision von politischem Engagement der Christen im Prozess der europäischen Integration entgegenzusetzen. Und der ungarische Religionswissenschaftler Andras Mate-Toth sprach von einem "gestörten Zustand", der nach Therapie schreie. Das könne nur in einem Langzeitdialog gelingen.
Die deutschen Bischöfe, die zuletzt stärker nach Afrika geblickt hatten, nehmen das wohl als Auftrag. Die "Kommission Weltkirche" wolle in den nächsten Jahren die Kontakte nach Mittel- und Osteuropa zum Arbeitsschwerpunkt machen, sagte der Sekretär der Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer. "Die Richtung ist vorgegeben."