Ex-Diktator Taylor schuldig
26. April 2012Das ist das erste Urteil gegen einen ehemaligen afrikanischen Staatschef vor einem internationalen Gericht. Eine mögliche Haftstrafe müsste der Verurteilte in Großbritannien absitzen. Nun wird erwartet, dass die Verteidigung Berufung einlegen wird.
Charles Taylor, der als einer der brutalsten Warlords Afrikas gilt, war 2006 festgenommen worden. Im Juni des darauffolgenden Jahres begann das Verfahren gegen ihn vor dem UN-Sondertribunal in Den Haag. Die Anklage umfasste elf Punkte, darunter Mord, Rekrutierung von Kindersoldaten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er soll in dem blutigen Bürgerkrieg im Nachbarland Sierra Leone in den 1990er Jahren seine Position missbraucht haben, um dort die brutale Rebellengruppe „Revolutionäre Vereinigte Front“ (RUF) mit Waffen auszurüsten. Als Gegenleistung hat Taylor laut Staatsanwaltschaft wertvolle Diamanten, so genannte „Blutdiamanten“, aus den Minen des Landes erhalten.
Brutalität und Habgier
Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone wurden zwischen 1991 und 2001 etwa 120.000 Menschen getötet. Nach Überzeugung der Ankläger zettelte Taylor den blutigen Konflikt im Nachbarland an, um sich Zugriff auf die Diamanten zu verschaffen. Der heute 64-Jährige, der von 1997 bis 2003 Präsident von Liberia war, habe die RUF im Nachbarland Sierra Leone „kontrolliert“. Er sei deshalb mitverantwortlich für die Verbrechen der Rebellen, die unter anderem Kindersoldaten in den Kampf schickten und mit deren Hilfe Taylor seine Diamantenschätze angehäuft haben soll.
Langwieriger Prozess
Das Verfahren fand aus Sicherheitsgründen nicht in der Hauptstadt von Sierra Leone, Freetown, sondern in Den Haag statt. Die Anklage ließ 94 Zeugen aufmarschieren, darunter Prominente wie die US-Schauspielerin Mia Farrow, Südafrikas Ex-Präsident Nelson Mandela und das britische Top-Model Naomi Campbell.
Dutzende Zeugen berichteten vor Gericht von ihren traumatischen Erlebnissen. Zivilisten sollen Arme und Beine abgehackt und Ohren und Nasen abgeschnitten worden sein. Ein früherer Mitarbeiter erklärte, Taylor habe eine menschliche Leber gegessen.
Seit der Prozess im März 2011 mit den Schlussplädoyers beider Seiten zu Ende gegangen ist, mussten die Richter rund 50.000 Seiten mit Zeugenaussagen lesen und 1520 Beweisstücke untersuchen. Das Strafmaß muss der Sondergerichtshof noch festlegen. Die Verteidigung hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen und sich überzeugt gezeigt, dass ihr Mandant freigesprochen werde. Seine Rolle in Sierra Leone sei "komplett friedlich" gewesen. Auch Taylor hatte in allen Anklagepunkten auf unschuldig plädiert.
rv/rb (dpa, afpd)