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Explosive Lage

Peter Philipp (stl)23. Januar 2007

Die von der Hisbollah geführte Opposition hat zu einem Generalstreik aufgerufen. Ziel ist der Rücktritt von Ministerpräsident Siniora. Welche Lager stehen sich gegenüber, und wer unterstützt sie von außen?

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Panzer beim Generalstreik im Libanon
Generalstreik im Libanon: Die Armee greift mit Panzerfahrzeugen einBild: AP

Mit brennenden Reifen und Straßenblockaden haben am Dienstag Anhänger der Opposition im Libanon versucht, einen Generalstreik durchzusetzen. Es kam dabei auch zu Schießereien zwischen Oppositionsvertretern und Anhängern der Regierung. Nach Polizeiangaben wurde mindestens 15 Menschen durch die Schüsse verletzt. Die Opposition um die radikalislamische Hisbollah will mit dem Streik den Rücktritt des Ministerpräsidenten Fuad Siniora erzwingen, den unter anderem die USA unterstützen. Siniora hatte an die Libanesen appelliert, den Streikaufruf nicht zu befolgen.

Druck auf Siniora

Oberflächlich betrachtet stellt sich die Lage im Libanon wie der klassische Fall dar, bei dem breite Schichten der Bevölkerung der Regierung vorwerfen, nicht genug für das Land zu tun, in die eigene Tasche zu wirtschaften und den Staat immer tiefer in Verschuldung und Armut zu führen, mehr aber noch: auch in immer größere Abhängigkeit vom Westen - besonders der USA. Vor zwei Monaten begann man, die Regierung von Ministerpräsident Siniora deswegen massiv unter Druck zu setzen.

Die Minister der schiitischen Hisbollah und einige ihnen nahe stehende Politiker verließen die Regierung und sind nur bereit, bei Zusicherung einer Sperrminorität ins Kabinett zurückzukehren. Hisbollah-Führer Scheich Nasrallah droht, immer drastischere Maßnahmen zu ergreifen, um die Regierung Siniora zu Fall zu bringen.

Schleppender Wiederaufbau

Ein Teil der Vorwürfe ist sicher berechtigt: Die Schäden des Krieges im vergangenen Jahr sind nicht beseitigt, die ohnehin große Verschuldung wächst immer weiter und Geberkonferenzen – wie die am Donnerstag beginnende "Paris III" – Konferenz können nur einen kleinen Teil der Not lindern.

Gleichzeitig steht aber auch fest, dass dies nicht ein Kampf gegen den levantinischen Schlendrian ist, sondern ein Kampf um die Macht im Zedernstaat: Hisbollah ist die wichtigste Bewegung der schiitischen Bevölkerungsmehrheit und ihr Führer Nasrallah fordert eine entsprechend einflussreiche Rolle im Staat. Nach dem Krieg mit Israel im vergangenen Sommer war er vorübergehend kleinlaut geworden und hatte die Provozierung des Krieges durch die Verschleppung zweier israelischer Soldaten als Fehler bezeichnet. Längst fühlt er sich aber inzwischen nicht mehr als Überlebender, sondern als eigentlicher Sieger dieses Krieges, und seine Anhänger unterstützen dieses Image des einzigen erfolgreichen Kämpfers gegen Israel.

Hisbollah und ihre Verbündeten

Nasrallah zur Seite steht der christliche Ex-General Michel Aoun, der erst vor einigen Monaten aus dem Pariser Exil zurückkehrte und der unbedingt Präsident werden will - ein Posten, der einem Christen zusteht. Da die meisten Christen Aoun aber nicht auf diesem Posten haben wollen, hat dieser sich mit der Hisbollah verbündet und auch mit den Syrern, die ihn einst aus dem Land getrieben hatten.

Ihnen gegenüber stehen die "Kräfte des 14. März" – Anhänger des ermordeten Ex-Premiers Rafik Hariri und Vertreter der klassischen Machtelite des Libanon. Dieser Gruppierung war es gelungen die Syrer mit Massendemonstrationen zum Verlassen des Libanon zu bewegen. Sie fürchtet, dass Damaskus und auch Teheran auf dem Umweg über die Hisbollah weiterhin zu viel Einfluss im Land ausüben. Der "14. März" setzt mehr auf die Vereinten Nationen, die alte Kolonialmacht Frankreich und auch die USA – Kräfte, die beim Wiederaufbau eines freien und nicht islamistisch-geprägten Staates als einzige helfen können.

Was aber beide Lager in Verruf bringt, jeweils Stellvertreter fremder Interessen zu sein. Die Spannungen zwischen beiden Lagern haben schon wiederholt die düstere Ahnung eines neuen Bürgerkrieges aufkommen lassen, bisher konnte das aber gerade noch verhindert werden. Es ist jedoch ungewiss, was passiert, wenn es zum Beispiel zu einem neuen Anschlag kommt. Der Funke könnte leicht zur Explosion werden.