Exporteure befürchten Währungskrieg
10. März 2015Nein, der deutsche Außenhandel ist nicht in einer Krise. Das ist schon aus den Zahlen deutlich abzulesen. Waren im Gegenwert von 1134 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr ins Ausland verkauft, das waren 3,7 Prozent mehr als 2013. Auch in diesem Jahr soll es weiter aufwärts gehen, um bis zu 4,5 Prozent auf dann 1.185 Milliarden Euro.
Im Gegenzug kaufen deutsche Unternehmen zwar auch immer mehr Waren in anderen Ländern ein, der Exportüberschuss wird sich dennoch weiter steigern, von 217 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 231 Milliarden in diesem Jahr. Das ist der weltweit höchste Wert und er provoziert seit Jahren Kritik.
Anton Börner, der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), kann die nicht nachvollziehen. "Wenn es Deutschland gut geht, geht es auch vielen Unternehmen in unseren europäischen Nachbarstaaten gut. Im Schnitt beruhen 40 Prozent eines Exportguts auf Importen beziehungsweise Vorleistungen aus dem Ausland."
EU-Lokomotive Deutschland
Mit den südeuropäischen Krisenstaaten Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien sind die Überschüsse in der Leistungsbilanz seit 2007 um 60 Prozent zurückgegangen und liegen derzeit nur noch bei 18 Milliarden Euro. Trotzdem hebt die EU-Kommission mahnend den Finger. Ein Vorwurf, den Börner als "absolut absurd" zurückweist. "Der Export in die Krisenländer ist dramatisch zurückgegangen, das ist klar, denn wenn es den Leuten schlecht geht, kaufen sie keine deutschen Produkte."
Umgekehrt seien die Importe aus diesen Ländern "dramatisch" angestiegen. "Ganz Norditalien, Spanien und Frankreich, die könnten sich doch beerdigen lassen, um das mal salopp zu formulieren, wenn die deutschen Firmen da nicht einkaufen würden. Wir sind die Lokomotive und wir sorgen dafür, dass die Volkswirtschaften in Europa überhaupt noch da sind, wo sie stehen."
Scharfe Kritik übt Anton Börner auch an den jüngsten Entscheidungen der Europäischen Zentralbank. Seit Montag kaufen die Währungshüter Staatsanleihen auf, um die Wirtschaft anzukurbeln und die gefährlich niedrige Inflation anzuheizen. Das lässt den Euro-Kurs weiter fallen. Eine Parität zwischen Euro und Dollar sei schon bald möglich, das sei nur eine Frage der Zeit, so der BGA-Präsident.
EZB hilft den Krisenländern nicht
Ein schwacher Euro sei aber nur auf den ersten Blick für eine Exportnation wie Deutschland erfreulich. Deutschland sei auch einer der weltgrößten Importeure. Ohne die derzeit niedrigen Rohstoffpreise würde der schwache Euro tiefe Spuren in der Importrechnung hinterlassen und somit auch Verkaufspreise im Export erhöhen.
Auch den Krisenstaaten werde der schwache Euro genauso wenig helfen wie die Geldschwemme der EZB. "Der Herr Draghi kann noch so viel Geld da reinschieben, die Banken werden das nicht durchreichen." Nicht nachvollziehbar ist für Börner auch das Argument, die Südeuropäer könnten durch den schwachen Euro ihren Export ankurbeln. "Da sage ich zu Herrn Draghi, dann werden meine deutschen Produkte auch billiger. Glauben Sie, dass jemand einen Fiat, einen Peugeot oder einen Citroen kauft, wenn er das deutsche Auto auch 20 Prozent billiger haben kann?"
Gefahr eines Währungskriegs
Geldpolitik könne keine Strukturreformen ersetzen, das Problem sei die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Auf der anderen Seite laste die EZB der Weltgemeinschaft neue Probleme auf. Kaum jemand werde zuschauen, wenn im zweitgrößten Wirtschaftsraum die Währung abgewertet werde. "Die EZB hat hier eine Tür geöffnet, hinter der die Gefahr eines Währungskrieges lauert", warnt Börner. "Dieser Weg ermuntert andere Staaten geradezu, gleichfalls eine Politik der Außenwirtschaftsförderung mittels Wechselkursabwertungen anzustreben."
Für den BGA steht außer Frage, dass die EZB mit ihrer lockeren Geldpolitik das notwendige weltweite Vertrauen in eine stabile Währung weiter zerstört. Dabei ist fehlendes Vertrauen schon jetzt das größte Problem, mit dem auch die deutsche Wirtschaft zu kämpfen hat. Die weltweiten Krisen lassen die Unternehmer immer vorsichtiger werden. Investitionsentscheidungen, mit denen oftmals eine Kapitalbindung über 20 bis 25 Jahren einhergeht, werden verschoben.
Russland, der Nahe Osten und Griechenland
Anton Börner sieht keine Entspannung in den aktuellen Krisenherden. "Russland wird uns noch sehr lange beschäftigen." Das Vertrauen in die russische Regierung und das wirtschaftliche Umfeld sei "zerrüttet". Wie lange die Krise noch andauern werde, könne keiner sagen. "Da müssen sie Herrn Putin fragen, wie er sich das vorstellt. Die sitzen im Kreml an der Stellschraube, nicht wir."
Auch im Nahen und Mittleren Osten sieht Börner keine Entspannung. "Irak, Iran, Syrien, Libanon – Länder, mit denen Deutschland jahrzehntelange Wirtschaftsbeziehungen verbinden, sind um Jahrzehnte zurückgefallen." Auch die nicht enden wollende Krise in Griechenland wirke lähmend. Immer neue Hilfsprogramme könne sich auf Dauer kaum ein Land leisten. Spanien stecke mehr in die Griechenland-Hilfe als in die Arbeitslosenversicherung des eigenen Landes.
Der BGA-Präsident macht keinen Hehl daraus, dass er ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum nicht für die schlechteste aller Lösungen hält. "Wir sehen das nicht so, dass wenn Griechenland aus dem Euro austreten würde, die Welt zusammenbrechen würde", urteilt Börner. "Dann würde ich eher auf ein Erstarken des Euro tippen als das Gegenteil."