"Corelli-Affäre": De Maizière setzt externen Ermittler ein
3. Juni 2016Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat einen externen Experten beauftragt, mögliche Versäumnisse des Verfassungsschutzes im Fall des V-Manns Thomas Richter, Deckname Corelli, aufzuklären. Nach dem Fund eines weiteren Handys und insgesamt fünf SIM-Karten Corellis solle der frühere Ministerialdirektor Reinhard Rupprecht untersuchen, "ob und gegebenenfalls welche Defizite hinsichtlich der Ablauf- und Aufsichtsmechanismen" im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bestehen, teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit.
Undurchsichtige Rolle im NSU-Skandal
Der 2014 gestorbene Corelli war 18 Jahre lang V-Mann des Verfassungsschutzes und lieferte Informationen über die rechtsextreme Szene in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Er soll dem Verfassungsschutz schon 2005 eine CD mit dem Titel "NSU" übergeben haben - lange bevor die Terrorgruppe "Nationalsozialistische Untergrund" 2011 enttarnt wurde.
Der Gruppe werden zehn Morde zur Last gelegt. Corelli soll Mitte der 1990er Jahre Kontakt zum mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos gehabt haben. Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des NSU-Trios, steht in München vor Gericht.
Handy unbeachtet im Panzerschrank
Corellis Handy lag rund vier Jahre lang unbeachtet in einem Panzerschrank des Bundesamtes, bevor es im Juli 2015 bei einem routinemäßigen Bürowechsel gefunden wurde. Kürzlich sind auch noch weitere Sim-Karten aufgetaucht, die Corelli vor seinem Tod benutzt hatte.
In der Bundesregierung löste das wiederholt verspätete Auftauchen von Datenträgern beim Verfassungsschutz nach Medienberichten Ärger und Unverständnis aus. Die Konsequenz ist die Einsetzung eines externen Aufklärers.
Die Umstände des Auffindens des Handys und der SIM-Karten, der weiteren Bearbeitung und der Weitergabe der Informationen wiesen "auf Ablauf- und Verfahrensdefizite hin und werfen Fragen nach individuellen Kontrollmängeln und/oder Regelungslücken" insbesondere hinsichtlich der Aufsicht von V-Mann-Führern und dem Umgang mit Asservaten im BfV auf, erklärte das Bundesinnenministerium. Rupprecht solle die Vorgänge nun untersuchen und Vorschläge zur Verbesserung der Abläufe im BfV erarbeiten. Der Bericht solle bis Ende Juni vorliegen.
Maaßen "explodiert"
Der Fall Corelli war am Donnerstag auch Thema im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen zeigte sich dort nach eigenen Angaben wütend über Mitarbeiter seiner Behörde. Er habe deutlich gemacht, dass er den späten Fund des Handys rüge, sagte Maaßen nach seiner Aussage im Ausschuss. Er habe auch zum Ausdruck gebracht, "dass ich gegenüber diesen Mitarbeitern explodiert bin, als ich dies zur Kenntnis genommen habe", so der Verfassungsschutzchef weiter.
wl/uh (dpa, afp)