EZB verringert Volumen der Anleihekäufe
29. August 2011Die Europäische Zentralbank (EZB) unterstützt trotz aller Kritik die finanzschwachen EU-Länder weiter mit Milliardensummen. In der vergangenen Woche habe sie Staatsanleihen im Wert von knapp 6,7 Milliarden Euro erworben, teilte die Notenbank in Frankfurt am Main mit.
Der Betrag lag jedoch deutlich unter dem, was Experten erwartet hatten. Analysten hatten mit zehn Milliarden gerechnet, denn die EZB hatte in der vorletzten Woche noch Anleihen im Wert von 14,3 Milliarden Euro gekauft. Die Woche davor waren es sogar 22 Milliarden gewesen. Der EZB-Rat hatte Anfang August unter dem Druck der Eskalation der Krise an den Börsen entsprechende Käufe beschlossen. Diese haben nach neuesten Informationen inzwischen ein Gesamtvolumen von 115,5 Milliarden Euro.
Märkte stabilisiert
Mit dem Kauf von Anleihen finanzschwacher Euro-Länder hatten die Währungshüter den Markt stabilisiert. Von welchen Staaten sie Anleihen kauft, gibt die EZB generell nicht bekannt. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass es vor allem italienische und spanische Bonds waren.
Die Notenbank begründet ihre Intervention am Anleihemarkt offiziell damit, dass wegen des Drucks der Finanzmärkte auf Italien und Spanien ihre geldpolitischen Maßnahmen dort nicht ankämen. De facto hilft sie diesen beiden Ländern durch die Käufe jedoch, finanziell flüssig zu bleiben und nimmt den Druck von den dortigen Banken - die meistens die größten Anleihegläubiger der Staaten sind.
Für Rom und Madrid war es zuvor immer teurer geworden, sich frisches Geld auf dem freien Markt zu besorgen, denn die Renditen für zehnjährige Anleihen waren über die von Experten als kritisch angesehene Marke von sechs Prozent geklettert. Nach dem Einschreiten der EZB sanken die Renditen.
Trichet verteidigt Staatsanleihenkäufe
Am Montag verteidigte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die umstrittenen Anleihe-Ankäufe vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel. Die Käufe überschnitten sich in ihrer Wirkung nicht mit der eigentlichen Geldpolitik, sondern dienten dazu, die Übertragung der geldpolitischen Impulse auf Finanzsystem und Realwirtschaft sicherzustellen, sagte Trichet.
Er trat vor den Abgeordneten außerdem Spekulationen entgegen, das europäische Bankensystem könne in großem Stil Refinanzierungsprobleme bekommen. Den Finanzinstituten stünden in ausreichendem Maß notenbankfähige Sicherheiten zur Verfügung, betonte der EZB-Chef. Das Volumen der verfügbaren Wertpapiere, die die Banken bei der EZB für Zentralbankliquidität einreichen könnten, betrage zwischen 13 und 14 Billionen Euro.
Europaparlament unterstützt EZB-Chef
Die EU-Parlamentarier nahmen Trichet parteiübergreifend gegen Kritik in Schutz. "Ohne die Intervention der EZB hätten wir mehr Probleme gehabt", sagte der CDU-Abgeordnete Werner Langen am Montag in Brüssel. "Er (Trichet) musste das tun", erklärte auch der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Es habe sich um eine Notlage gehandelt, und die Politik sei nicht handlungsfähig gewesen.
Bundespräsident Christian Wulff hatte in der vergangenen Woche massive Kritik an den Ankäufen geübt. Er warf der EZB vor, sie habe mit dem Ankauf von Euro-Staatsanleihen ihr Mandat überschritten. Trichet wies diesen Vorwurf nun zurück. "Wir sind sehr vorsichtig, unseren Verantwortungsbereich nicht zu überschreiten", sagte er vor den EU-Parlamentariern.
EZB-Rat entschied nicht einstimmig
Die Anleihekäufe sind auch innerhalb des EZB-Rates umstritten. Die Entscheidung Anfang August war nach Angaben von Trichet nicht einstimmig gefallen. Dem Vernehmen nach soll unter anderem Bundesbank-Präsident Jens Weidmann dagegen gewesen sein.
Kritiker werfen der Notenbank vor, sie verwische die klare Trennung zur Politik, indem sie Geld drucke, um die Staatspapiere zu kaufen, also Schulden zu finanzieren. Es könne der Eindruck entstehen, die Notenbank reagiere auf Zuruf der Politik, wurde von einigen Ökonomen bemängelt. Das wies die EZB, deren Unabhängigkeit von der Politik als herausragendes Merkmal gilt, zurück.
Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Martin Schrader