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EZB vertagt Entscheidung über Staatsanleihen

4. Dezember 2014

Die Europäische Zentralbank lässt den Leitzins in der Eurozone unverändert auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Anfang 2015 will die Notenbank entscheiden, ob sie bald die Schulden von Euroländern aufkauft.

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EZB billiges Geld Symbolbild
Bild: picture-alliance/dpa

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat für Anfang 2015 eine Entscheidung über neue geldpolitische Maßnahmen im Kampf gegen die drohende Deflation in der Eurozone angekündigt. Dann solle bewertet werden, wie die bisher eingesetzten Instrumente gewirkt hätten, sagte der Italiener am Donnerstag nach der Ratssitzung in Frankfurt.

Der EZB-Rat sei zu zusätzlichen unkonventionellen Maßnahmen bereit, sollten sie notwendig sein. "Wir haben alle Arten von Maßnahmen lang und breit diskutiert", sagte Draghi. Dabei sei es auch um "Quantitative Easing" (QE) gegangen. Der Fachausdruck bezeichnet den massiven Kauf von Wertpapieren durch die Notenbank. Dazu gehört auch der umstrittene Ankauf von Staatsanleihen.

Müsse mehr getan werden gegen die zu niedrige Inflation, werde die EZB handeln. "Das würde bedeuten, Anfang nächsten Jahres Größe, Tempo und Zusammensetzung unserer Maßnahmen zu verändern", so Draghi. Die technischen Vorbereitungen dafür seien beschleunigt worden.

Niedrige Inflation, niedriges Wachstum

Hintergrund für diese Maßnahmen ist die schwache Konjunktur in der Eurozone und die geringe Preissteigerung. Die Preise in den 18 Ländern der Währungsunion waren zuletzt nur noch um 0,3 Prozent gestiegen. Die EZB peilt knapp zwei Prozent an.

Sinken die Preise auf breiter Front, kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass Verbraucher Kaufentscheidungen verschieben und Unternehmen nicht in neue Anlagen und Maschinen investieren. Dadurch entsteht ein für eine Volkswirtschaft giftiger Cocktail.

Die EZB kann keine wirkliche Verbesserung der Lage erkennen und hat ihre Prognosen für Inflation und Wirtschaftswachstum erneut gesenkt. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone werde 2015 mit 0,7 Prozent und 2016 mit 1,3 Prozent geringer als noch im September erwartet ausfallen, hieß es in den am Donnerstag veröffentlichten Projektionen der EZB-Ökonomen. Bislang waren 1,1 und 1,4 Prozent erwartet worden.

Als Begründung nannte EZB-Präsident Mario Draghi vor allem den gesunkenen Ölpreis. Für das zu Ende gehende Jahr wird eine Inflationsrate von 0,5 (bisher 0,6) Prozent erwartet.

Düsterer Ausblick

Beim Wirtschaftswachstum ist die EZB ebenfalls pessimistisch und senkte ihre Prognose für 2015 von 1,6 auf 1,0 Prozent, für 2016 von 1,9 auf 1,5 Prozent. Im zu Ende gehenden Jahr sollen es 0,8 (bisher 0,9) Prozent sein. "Die schwache Wachstumsdynamik hat gemeinsam mit den hohen geopolitischen Risiken das Potenzial, das Vertrauen und vor allem die privaten Investitionen zu drücken", sagte Draghi.

Frankfurt - Baustelle EZB
Erstmals tagte der EZB-Rat in der neuen Zentrale der Notenbank in Frankfurt am MainBild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Im Kampf gegen die schwache Entwicklung hat die EZB bereits im Sommer beschlossen, Banken bis zu 400 Milliarden Euro an frischem Geld zur Verfügung zu stellen. Seit dem Herbst kauft die Notenbank zudem private Schulden in Form von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities / ABS) auf, um mehr Geld in den Markt zu pumpen.

Die Frage ist nun, ob und wann die EZB auch Staatsanleihen kaufen wird. Der Markt für diese Papiere hat ein viel größeres Volumen als der für Pfandbriefe und ABS und ist daher besonders geeignet, um Wirkung zu erzielen.

Andere Notenbanken wie die Federal Reserve in den USA oder die Bank of England haben dieses Mittel bereits in großem Stil eingesetzt, um künstlich Inflation zu erzeugen und die Wirtschaft anzukurbeln.

Illegale Staatsfinanzierung?

Allerdings ist der direkte Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB stark umstritten. Besonders in Deutschland ist die Ansicht verbreitet, dies sei eine direkte Finanzierung von Staaten durch die Notenbank und daher nicht durch das Mandat der EZB gedeckt, also illegal.

Draghi machte nun deutlich, dass er das anders sieht. "Glauben Sie, wir würden über Dinge diskutieren, von denen wir wissen, dass sie illegal sind?", fragte Draghi auf der Pressekonferenz nach der Ratssitzung. "Wir sind überzeugt: Ein QE-Programm, das auch den Ankauf von Staatsanleihen umfassen kann, ist ein zulässiges Mittel, um unser Mandat zu erfüllen."

Selbst gegen den Widerstand der Deutschen Bundesbank im 24-köpfigen EZB-Rat könne der Kauf von Staatsanleihen durchgesetzt werden. "Ich glaube nicht, dass wir Einstimmigkeit brauchen", sagte Draghi. Neue Maßnahmen könnten aber so gestaltet werden, dass es einen Konsens in dem Gremium gebe.

Der Euro legte nach den Ankündigungen Draghis gegenüber dem US-Dollar leicht zu. An der Börse waren die Reaktionen dagegen gemischt.

"Viele haben gehofft, dass Draghi den Start von Staatsanleihenkäufen für Anfang nächsten Jahres ankündigen würde - aber das hat er nicht getan", erklärte Analyst John Smith von der britschen Privatbank Brown Shipley. Draghi habe nichts wirklich Neues gesagt.

Dagegen hält Robert Halver von der Baader Bank Draghis Aussagen für klar genug: Die niedrigeren Inflations- und Wachstumsprognosen seien ein sicheres Indiz für ein Handeln im ersten Quartal, so der Analyst.

bea/wen (dpa, reuters)