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EZB weitet Anleihekäufe um 500 Milliarden Euro aus

10. Dezember 2020

Die zweite Welle der Corona-Pandemie rollt durch Europa. Das öffentliche Leben ist in vielen Ländern erneut eingeschränkt. Europas Währungshüter legen im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen nach.

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Euroschein Banknoten
Bild: picture-alliance/dpa/E. Cakir

Die EZB stützt die von der zweiten Pandemiewelle gebeutelte Wirtschaft im Euro-Raum mit einem neuen umfassenden Hilfspaket. Die Währungshüter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung ein ganzes Bündel an Maßnahmen, darunter weitere Anleihekäufe sowie günstigere Konditionen ihrer großen Geldspritzen für Banken. Damit wollen sie den Kreditfluss an Unternehmen und Haushalte aufrecht erhalten und sicherstellen, dass die Staatsanleihe-Renditen der Euro-Länder nicht aus dem Ruder laufen. Denn die Aussichten für das vierte Quartal sind trübe. Dazu haben eine seit Monaten negative Inflationsrate und ein erstarkter Euro den Druck auf die Euro-Wächter erhöht.

Denn trotz der Aussicht auf Corona-Impfstoffe lastet die Corona-Krise laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde kurzfristig weiter auf der Wirtschaft der Euro-Zone. Die Nachrichten mit Blick auf Impfkampagnen seien zwar ermutigend, und auch der Aufschwung im dritten Quartal sei stärker als erwartet ausgefallen, sagte sie am Donnerstag auf der Online-Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss. Sie fügte aber hinzu: "Die Pandemie stellt weiter gravierende Risiken für die Gesundheit der Allgemeinheit sowie für die Wirtschaft der Euro-Zone und der Weltwirtschaft dar." Im vierten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Zuge der Corona-Eindämmungsmaßnahmen im Euro-Raum geschrumpft sein.

Noch eine halbe Billion Euro mehr für Anleihekäufe

Das Notkaufprogramm für Staatsanleihen und Wertpapiere von Unternehmen wird um 500 Milliarden auf 1,85 Billionen ausgeweitet. Das beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt. Die Laufzeit des Programms wird zudem um neun Monate bis mindestens Ende März 2022 verlängert. Zugleich versorgt die EZB Geschäftsbanken mit weiteren besonders günstigen Langfristkrediten (PELTROs) und lockert die Bedingungen für bereits laufende Langfristkredite.

Bei den Zinsen bleibt alles beim Alten: Der Leitzins im Euroraum liegt seit fast fünf Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent. Geschäftsbanken müssen weiterhin 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Freibeträge für bestimmte Summen sollen die Institute bei den Kosten dafür entlasten.

Deutschland Frankfurt Christine Lagarde beim European Banking Congress (EBC)
EZB-Chefin Christine LagardeBild: Reuters/R. Orlowksi

"Nachtanken bei halbvollem Tank"

Erst im Juni hatte die Notenbank das Volumen des im März aufgelegten, besonders flexiblen Kaufprogramms PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) auf 1,35 Billionen Euro fast verdoppelt. Die Wertpapierkäufe helfen Staaten wie Unternehmen: Sie müssen für ihre Papiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Nach der Ratssitzung im Oktober hatten die Währungshüter keinen Zweifel daran gelassen, dass sie noch einmal nachlegen wollen. "Selbst wenn sich die zweite Welle des Virus als weniger heftig erweist als die erste, stellt sie keine geringere Gefahr für die Wirtschaft dar", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde jüngst. Die Französin betonte: "Die EZB war in der erste Welle da und wird auch in der zweiten Welle da sein." Das Coronavirus hatte sich zuletzt wieder massiv ausgebreitet. In vielen Ländern des Euroraums wurde das öffentliche Leben erneut eingeschränkt. Nach der Erholung in den Sommermonaten wächst die Sorge um die Konjunktur.

Deutschland Carsten Brzeski Chefvolkswirt ING DIBA Frankfurt
Volkswirt Carsten Brzeski von der ING DIBABild: Hoffmann/imago images

"Die Eurozone braucht frische Unterstützung, um durch den zweiten Lockdown zu kommen und im kommenden Jahr mit einer Erholung zu starten", sagte ING-Deutschland-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.

Für Holger Schmieding, den Chefvolkswirt der Berenberg Bank, ist die heutige Entscheidung "keine große Überraschung". Mit den Maßnahmen bleibe die EZB "am unteren Rand der Erwartungen. Sobald die zweite Welle der Pandemie ausgelaufen ist, dürfte der geldpolitische Rückenwind die Konjunktur spürbar beflügeln, spätestens ab April nächsten Jahres."

Für die Chefvolkswirtin der staatlichen Kfw-Bank, Fritzi Köhler-Geib "erinnert die Aufstockung aktuell an Nachtanken bei halbvollem Tank, aber am Ende müssen die Mittel auch nicht vollständig aufgebraucht werden."

Hauptziel der EZB ist ein ausgewogenes Preisniveau bei einer mittelfristigen Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent im gemeinsamen Währungsraum. Dieser Zielwert wird seit Jahren verfehlt. Im November lag die Inflationsrate im Euroraum bei minus 0,3 Prozent. Europas Währungshüter sind daher seit Jahren im Anti-Krisen-Modus. Die seit März 2015 mit Unterbrechung laufenden anderen Kaufprogramme der Notenbank für Anleihen haben mit etwas über drei Billionen Euro Ende November bereits ein gewaltiges Volumen erreicht. Die EZB hat eine umfassende Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie auf den Weg gebracht. Die Notenbank will dabei ihre Formulierung von Preisstabilität ebenso unter die Lupe nehmen wie das geldpolitische Instrumentarium und ihre gesamte Kommunikation. Dabei geht es auch um Fragen, welche Folgen beispielsweise der Klimawandel oder Ungleichheit für das Ziel der Preisstabilität haben können.

hb/dk (dpa,rtr)