EZB will Anleihen-Berg nicht weiter erhöhen
13. Dezember 2018Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ab 2019 keine zusätzlichen Anleihen mehr am Markt kaufen. Allerdings wird sie die Wertpapiere, die sie bereits im Bestand hat, bei Fälligkeit wieder erneuern.
Im Depot der EZB liegen Anleihen von Staaten und Unternehmen im Euroraum im Gesamtwert von 2,6 Billionen Euro, die seit März 2015 gekauft wurden.
Das Anleihe-Kaufprogramm sei nicht beendet, es gehe weiter, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Beendet werden nur die Nettokäufe, also die Vergrößerung des Bestandes.
Es sei nicht mehr nötig, den Bestand auszuweiten, weil die heimische Nachfrage die konjunkturelle Erholung im Euroraum stütze. Allerdings gebe es viel Unsicherheit und Grund zur Vorsicht.
Draghi nannte geopolitische Faktoren, den zunehmenden Protektionismus, die Schwankungen der Finanzmärkte und die unsichere Lage in den Schwellenländern. "Deshalb ist ein deutlicher geldpolitischer Stimulus weiter nötig, um mittelfristig die Inflation nach oben zu bringen."
Die Teuerungsrate soll nach Wunsch der EZB unter, aber nahe zwei Prozent liegen. Für das Gesamtjahr 2018 erwartet die Notenbank eine Inflation von 1,8 Prozent, für 2019 von 1,6 Prozent.
Auch die Wirtschaft im Euroraum werde weniger stark wachsen - in diesem Jahr um 1,9 Prozent, im kommenden um 1,7 Prozent. Vor drei Monaten waren die Konjunkturforscher der EZB noch etwas optimistischer.
Nullzins bleibt
Vorerst bleibt also weiter reichlich Liquidität im Markt, auch die Zinsen verharren auf dem aktuellen Niveau von null Prozent. Daran werde sich "über den Sommer hinaus" nichts ändern, sagte Draghi.
Einige Ökonomen, darunter Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, erwarten eine Zinswende sogar erst für den März 2020.
Selbst wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen, will die EZB an ihrer Praxis festhalten, fällig werdende Anleihen in ihrem Depot nachzukaufen. "Damit verlängert sich dieses Programm um mindestens ein Jahr", sagt Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg.
Dass die EZB zumindest die Nettokäufe zum Jahresende einstellt, sei "überfällig", sagte Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken. Allerdings warf der der Notenbank vor, sich "nach wie vor zu zögerlich" zu verhalten.
Peters forderte zudem einen Fahrplan für das Ende der Negativzinsen. Banken, die Geld kurzfristig bei der EZB parken, werden derzeit noch mit einem negativen Zinssatz von -0,4 Prozent bestraft.
Hartmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, begrüßte zwar ebenfalls das Ende der Netto-Anleihekäufe, hatte sich aber mehr erhofft. Die Aussichten für Preise und Wachstum im Euroraum seien nicht so schlecht, dass sie einer vorsichtigen Normalisierung der Geldpolitik im Wege gestanden hätten.
Zinswende verschlafen?
Ob die EZB wegen der schwächeren Konjunkturdynamik die geldpolitische Trendwende nicht verschlafen habe, fragen in diesen Tagen manche Ökonomen.
Sie hätte die Zinsen schon im vergangenen Boomjahr erhöhen können, glaubt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. Sollte sich die Konjunktur verschlechtern, habe die EZB keinen Spielraum, darauf mit Zinssenkungen zu reagieren. Deshalb wachse die Sorge, dass sie dann wieder neue Anleihen kauft.
Dass die EZB notfalls wieder mit dem Anleihekauf beginnt, wollte Draghi nicht bestätigen. Im Fall einer schwächeren Konjunktur habe die Notenbank noch Instrumente und halte sich Optionen offen, so der EZB-Chef.
Das Portfolio der bestehenden Anleihen wird die EZB nun an die neuen Kapitalquoten der Euro-Mitgliedsländer anpassen. Da Deutschland inzwischen einen etwas höheren Anteil am Kapital der EZB hat, wird sich auch der Anteil an Bundesanleihen entsprechend erhöhen.
Die Anleihekäufe gehörten jedenfalls jetzt zum Instrumentenkasten der EZB, sagte Draghi. Damit spielte er auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Woche an, der genau das bestätigt hatte. Zumindest eine Zeit lang sei das Kaufprogramm der "entscheidende Treiber der Konjunktur im Euroraum gewesen".