EZB wird zu Europas Bad Bank
3. Oktober 2014Ab und an verlässt der Rat der Direktoren der Europäischen Zentralbank sein Hauptquartier in Frankfurt am Main und tagt anderswo in einem Euroland. Die jüngste Sitzung fand in der Heimat von EZB-Chef Mario Draghi, in Italien, statt. Dass es nun ausgerechnet Neapel sein musste - die Stadt am Fuße des Vulkans Vesuv, kann ein Zufall gewesen sein. Oder ganz große Symbolik. Denn es nichts anderes als ein Tanz auf dem Vulkan, zu dem Europas Währungshüter ab sofort bitten.
Fünf Jahre nun schon dauert Europas Siechtum. Seit dem Ausbruch der großen Weltfinanzkrise dümpelt der Alte Kontinent vor sich hin. Die Volkswirtschaften der Eurozone haben noch immer nicht das Niveau erreicht, auf dem sie vor dem Lehman-Desaster standen. Erschreckend hoch hingegen ist das Niveau der Arbeitslosigkeit in vielen Ländern. Und auch die Staatsschulden bewegen sich nach wie vor in ungesunden Höhen.
EZB-Chef Draghi hatte vor zwei Jahren versprochen, alles zu tun, um den Euro zu retten. Immer wieder kündigte er unkonventionelle Maßnahmen an. Immer wieder wurde ausgetestet, was vom Mandat der Zentralbank gedeckt ist - und was nicht. Jetzt sind wir genau wieder an so einem Punkt angekommen. Die Geldpolitik hat fast alle ihre Pfeile verschossen. Die letzten, die sie noch im Köcher hat, sind solche mit giftigen Spitzen. Denn der Ankauf von wertlosen Anleihen, auch Ramschanleihen genannt, ist ein weiterer Tabubruch - wie schon die Abwertung des Euro in den vergangenen Wochen durch Draghis verbale Interventionen.
Es erscheint zwar nicht unlogisch, Banken schwierige Kredite abzukaufen, damit sie mit frischen Darlehen den Unternehmen unter die Arme greifen können. Problematisch aber ist an der Sache, dass die Banken diese alten Kreditlasten in Verbriefungen oder auch Asset Backed Securities (ABS) gebündelt haben. Diese Konstruktion war einer der Auslöser der Finanzkrise, weil durch immer neue Verpackungen der Pakete die Risiken nicht mehr sichtbar waren und keiner mehr wirklich wusste, wo welches Risiko zuzuordnen war.
Es ist aber nun sicher nicht falsch anzunehmen, dass die Banken mit dem Verkauf der giftigen Papiere zunächst erst mal ihre Bilanzen bereinigen werden. Ob sie dann unsicheren Kantonisten trotzdem frische Kredite gewähren werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Schon die jüngste Maßnahme der EZB, den Banken billige Kredite zu verkaufen in der Hoffnung, die würden das Geld in die Wirtschaft weiterleiten, zeigt bislang kaum Wirkung. Was hingegen sicher ist: Indem die EZB die Risiken der Geldinstitute in ihre Bücher nimmt, wird sie zur Bad Bank Europas. Bei Zahlungsausfällen haften nicht mehr die privaten Banken, sondern die Steuerzahler Europas. Und die, so waren sich nach der Finanzkrise eigentlich alle einig, sollten eigentlich nie wieder den Ausputzer für die unsauberen Praktiken der Banker spielen.