Fünf HDP-Berater in der Türkei festgenommen
11. November 2016Fast vier Monate nach dem Putschversuch in der Türkei geht die türkische Führung weiter gegen mutmaßliche Gegner vor. Bei Razzien nahm die Polizei fünf Berater von Abgeordneten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP fest, wie die Partei mitteilte. Unter ihnen sei der Mitarbeiter von Figen Yüksekdag, die zusammen mit Selahattin Demirtas den Vorsitz der HDP innehat.
Die HDP-Chefs Yüksekdag und Demirtas waren vor einer Woche wegen angeblichen Terrorverdachts festgenommen und anschließend in Untersuchungshaft genommen worden. Die HDP erklärte, die neuen Razzien sollten alle, die "demokratische Rechte hochhalten", mit Besorgnis erfüllen. Bei den Durchsuchungen gegen Yüksekdags Mitarbeiter hätten die Polizisten sich sexistisch über die Parteivorsitzende geäußert. Die "Feindseligkeit" der Sicherheitsbehörden sei "alarmierend".
Unterdessen erhöhen die türkischen Behörden den Druck auf oppositionsnahe Medien. Am Istanbuler Atatürk-Flughafen wurde der Herausgeber der Zeitung "Cumhuriyet", Akin Atalay, nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Polizeigewahrsam genommen. Atalay ist der Vorstandsvorsitzende der "Cumhuriyet"-Stiftung, die die Zeitung verlegt.
Bereits am Montag vergangener Woche waren Haftbefehl gegen "Cumhuriyet"-Chefredakteur Murat Sabuncu und acht seiner Mitarbeiter erlassen worden. Der frühere Chefredakteur des Blattes, Can Dündar, lebt in Deutschland, um einer drohenden Inhaftierung zu entgehen. Er wurde in Abwesenheit zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Sein Berufungsverfahren steht noch aus.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley zeigte sich "entsetzt" über Atalays Festnahme. Erdogan und dessen Regierung seien dabei, "die Demokratie in der Türkei abzuschaffen". In den Beziehungen zu Ankara könne es "kein einfaches 'Weiter so'" geben. Das gelte gleichermaßen für die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei.
Hunderte Vereinsverbote
Doch auch Institutionen außerhalb von Politik und Medien stehen auf der schwarzen Liste der Regierung in Ankara. Wie das Innenministerium mitteilte, wurden 370 Vereine wegen Terrorverdachts vorübergehend geschlossen. Den meisten werde eine Verbindung zur verbotenenen kurdischen Arbeitermpartei PKK oder zur Bewegung des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen. Präsident Recep Tayyip Erdogan macht Gülen für den Putschversuch vom Juli verantwortlich, was dieser bestreitet.
Es sei festgestellt worden, dass die geschlossenen Einrichtungen eine "Gefahr für die nationale Sicherheit" darstellten, hieß es weiter. Welche Vereine genau betroffen sind, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Während des geltenden Ausnahmezustandes darf die Regierung Vereine ein Vierteljahr lang schließen. Mehrere zehntausend Menschen sitzen aus politischen Gründen in Untersuchungshaft. Über 160 Medien und Verlage wurden auf staatliche Anordnung lahmgelegt.
jj/qu (dpa, afp)