Facebook geht gegen Myanmars Militär vor
12. Februar 2021Es ist keine Retourkutsche, sondern eine Reaktion auf den Militärputsch. Facebook schränkt in Myanmar die Verbreitung der Profile und Inhalte der Armeeführung ein. Das soziale Netzwerk begründet seine Entscheidung mit Falschmeldungen von Seiten der Militärs. Die Maßnahmen seien kein Verbot, würden aber die Anzahl der Personen verringern, die die Inhalte sehen könnten. Das Unternehmen erklärte weiter, betroffen seien die offizielle Seite der Armee, die ihres Sprechers sowie alle weiteren vom Militär kontrollierten Seiten. Diese würden ab jetzt auch nicht mehr in den News-Feeds empfohlen.
Facebook schützt Inhalte der Opposition
Laut Facebook können Myanmars Regierungsbehörden auch keine Anträge mehr zur Entfernung von Inhalten stellen."Wir schützen damit Inhalte wie die politische Rede, die es den Menschen in Myanmar erlaubt, sich zu äußern und der Welt zu zeigen, was in ihrem Land vor sich geht", sagte Rafael Frankel, Facebooks Direktor für Public Policy in den Schwellenländern des Asien-Pazifik-Raums. Nach dem Putsch vom 1. Februar hatte die Junta Facebook blockiert und der Opposition damit ein wichtiges Kommunikationsmittel genommen.
Anhänger der entmachteten zivilen Regierung von De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi gingen den siebten Tag in Folge auf die Straße. In Mawlamyine, der drittgrößten Stadt im ehemaligen Birma, gaben Soldaten laut Augenzeugen Schüsse ab, um die Menge zu zerstreuen.
Mit scharfer Munition gegen Demonstranten
Kayleigh Long, eine Mitarbeiterin von Amnesty International, bestätigte der Deutschen Welle, dass Soldaten in der Hauptstadt Naypyidaw mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen haben. Der Vorfall sei gefilmt worden. Die Geschosse deuteten darauf hin, dass es sich um leichte Munition und nicht um Gummigeschosse gehandelt habe, sagte die Menschenrechtsaktivistin der DW weiter.
Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (UN) in Genf würdigte den Mut der Demonstranten. "Sie repräsentieren Myanmars Zukunft", sagte die Vize-Hochkommisssarin für Menschenrechte, Nada al-Nashif, bei einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates. Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, rief zu Sanktionen gegen die Militärjunta auf. Die UN-Mitgliedsländer müssten ein Waffenembargo verhängen und Entwicklungshilfe an zivile Organisationen leiten, forderte Andrews in Genf.
Weitere Festnahmen
Die Junta geht auch nach wie vor hart gegen ehemalige Führungspersönlichkeiten vor. Nach Informationen der Zeitung "The Irrawaddy" wurden mindestens sechs weitere frühere hochrangige Politiker festgenommen. Unter ihnen soll ein enger Berater Suu Kyis sein.
Gleichzeitig ließ die Militärführung nach eigenen Angaben anlässlich eines Feiertags mehr als 23.000 Gefangene frei oder verkürzte deren Haftstrafen. Massenentlassungen aus den überfüllten staatlichen Gefängnissen sind in dem asiatischen Land an wichtigen Feiertagen üblich. Auch 55 ausländische Gefangene sollen auf freien Fuß gesetzt worden sein.
Der Anführer der Putschisten, Min Aung Hlaing, rief die Bevölkerung in einer Ansprache auf, wieder zur Arbeit zu gehen. Gleichzeitig verlangte er von den Demonstranten, mit den Militärs zusammenzuarbeiten. Nur so könne Demokratie erfolgreich umgesetzt werden.
USA sanktionieren das Militär
Die US-Regierung belegte zehn führende Militärangehörige und drei mit den Streitkräften verbundene Unternehmen mit Sanktionen. Betroffen sind unter anderen General Min Aung Hlaing, sein Stellvertreter Soe Win, der neue Verteidigungsminister Mya Tun Oo sowie Bergbau- und Juwelenunternehmen. Finanzministerin Janet Yellen warnte, Washington sei bereit, zu weiteren Strafmaßnahmen zu greifen, falls die Generäle nicht einlenken sollten.
Die USA führen nun Exportkontrollen ein und stoppen Hilfsgelder für die Regierung in dem südostasiatischen Land. Mögliches Vermögen der Betroffenen in den USA wird eingefroren, außerdem werden ihnen Geschäfte mit amerikanischen Staatsbürgern untersagt.
Europaparlament ruft zu Strafmaßnahmen auf
Das Europaparlament rief die Staaten der Europäischen Union auf, ebenfalls den Druck auf die Streitkräfte in Myanmar zu erhöhen. Gezielte Sanktionen sollten zudem auf alle führenden Köpfe der Streitkräfte ausgeweitet werden. Bereits jetzt gelten EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren für Angehörige der Militärs, die für Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Bevölkerungsgruppe der Rohingya verantwortlich gemacht werden.
Bundesaußenminister Heiko Maas forderte die Freilassung aller Gefangenen und die Wiedereinsetzung der legitimierten Regierung. "Ich rufe das Militär auf, von Gewalt abzusehen und sich unverzüglich einem Dialog zu öffnen, der es Myanmar ermöglicht, seinen Demokratisierungsprozess fortzusetzen", erklärte Maas in einer vom Auswärtigen Amt verbreiteten Mitteilung.
se/fab (rtr, ap, dw, dpa, afp, kna)