1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Facebook sagt Google den Kampf an

Klaus Dahmann29. März 2014

Nach der Übernahme von WhatsApp hat Facebook den nächsten Coup gelandet: Für zwei Milliarden Dollar hat Gründer Mark Zuckerberg das Start-up-Unternehmen Oculus gekauft. Das neue Zauberwort der Branche heißt "Wearables".

https://p.dw.com/p/1BYQi
Oculus Rift Headset
Bild: ROBYN BECK/AFP/Getty Images

Social Media, Tablet, Smartphone - Schnee von gestern. Die Großen der Internet-Branche wie Google oder Facebook interessieren sich nur für die Frage: Was kommt morgen? Was übermorgen? Was ist der neue "Heilige Gral", mit dem man in Zukunft das Internet nutzt? Und wer findet ihn als erster?

Branchenkenner wie NDR-Reporterin Svea Eckert sind sicher: Der Zukunftstrend sind so genannte "Wearables", also tragbare internetfähige Geräte, die direkt am Körper befestigt sind und auf Sprachbefehle und visuelle Signale reagieren. Den Entwicklern schwebe letztlich ein "Mensch als Cyborg" vor, sagt die Netzwelt-Expertin, bei dem das Mobiltelefon, das jetzt bei manchen schon wie festgewachsen wirke, auch tatsächlich festwächst.

Wettrennen um die Zukunftstrends

In diese Richtung gehen Datenbrillen wie "Google Glass": In einem Brillenglas öffnet sich hier ein kleines Internet-Fenster, das Informationen zu dem liefert, was man gerade sieht. Außerdem kann der Brillenträger per Lidschlag Fotos machen und auch ganze Videos aufnehmen. Die Datenbrille ist zwar noch in der Testphase, aber Google hat so im Rennen um die Zukunftstrends wieder einmal die Nase vorn.

NDR-Netzwelt-Spezialistin Svea Eckert - Copyright: privat
Svea Eckert: "Der Trend geht zum Menschen als Cyborg"Bild: privat

Facebook zieht mit dem Oculus-Deal jetzt nach: Das Start-up-Unternehmen entwickelt die Datenbrille "Oculus Rift", mit der man sich dreidimensional in virtuellen Welten umschauen kann - das rundum geschlossene Sehgerät reagiert auf alle Kopfbewegungen. Bisher ist sie für Videospiele konzipiert. Facebook-Gründer Zuckerberg schwebt aber vor, dass man mit ihr in Zukunft auch von zu Hause aus zum Beispiel am Schulunterricht teilnimmt oder einen Arzt befragt.

Mobilgeschäft verschlafen

"Facebook muss sich immer neu erfinden", weiß Svea Eckert, "um auf dem Markt bestehen zu bleiben und zu wachsen. Es geht immer um Wachstum - darum, dass man nicht stehen bleibt." Die Entwicklung im Handy-Geschäft habe Facebook verpasst. "Mobil sind sie eine kleine popelige Facebook-App, eine von vielen auf unserem Screen", sagt sie. "Facebook will aber das Gerät werden, die Plattform, mit der wir Zugang zum Internet und zu unserer vernetzten Welt haben. Und das versuchen sie jetzt mit dieser Brille."

Wie "Google Glass" ist auch "Oculus Rift" ist derzeit nur als Testversion erhältlich. Die Programme hierfür muss man noch selbst schreiben.

Model trägt Google-Brille - Foto: Google/AP
Stärkster Oculus-Konkurrent: "Google Glass"Bild: picture alliance/ZUMA Press

Einer, der das ausprobiert hat, ist Max Rheiner. Der Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste für "Verkörperlichte Interaktion" hat als Forschungsprojekt einen Simulator entwickelt, in dem man sich mit Hilfe der Datenbrille in einen Rotmilan versetzt, der über die Landschaft gleitet. "Die meisten Testpersonen waren extrem fasziniert, vor allem vom Fluggefühl und vom Schweben", sagt Rheiner.

Noch in der Testphase

Allerdings sei die Technologie noch nicht ausgereift, gibt der Zürcher Forscher zu bedenken. Die Brille reagiere relativ langsam, die Bilder seien nicht immer scharf. "Unser Simulator simuliert die Lage im Raum, also, wie man sich neigt oder rollt in der Luft. Und wenn das nicht hundertprozentig stimmt, dann gibt es Momente, wo es einem nicht mehr so wohl sein kann."

Auch Svea Eckert kennt das: Sie hat mit Testpersonen gesprochen, die über aufkommende Übelkeit klagten.

Max Rheiner - Foto: privat
Max Rheiner: "Testpersonen waren von Oculus Rift begeistert"Bild: privat

Konkurrenz schläft nicht

Die Entwickler müssen also noch weiter tüfteln, bis die Datenbrillen marktreif sind. Ein Wettrennen, in dem noch andere Konkurrenten mitmischen, so zum Beispiel das amerikanische Unternehmen Vuzix, Golden-i aus Großbritannien, Laster Technologies aus Frankreich und Si14 aus Italien. Und an der University of Washington arbeitet man gar bereits an einer internetfähigen Kontaktlinse, die direkt auf die Hornhaut gesetzt wird.

Ist vielleicht bald damit zu rechnen, dass Chips direkt ins Auge oder gar ins Gehirn implantiert werden? "Mit Kontaktlinsen könnte das vielleicht auf absehbare Zeit funktionieren", meint Rheiner, "aber Hirnimplantate? Da bin ich schon ein bisschen vorsichtig."

Macht des Silicon Valley

Dass Datenschützer bereits ernste Bedenken gegen Datenbrillen wie "Google Glass" anmelden, kann der Zürcher Wissenschaftler gut verstehen: "Ich bin fasziniert von den Möglichkeiten, die bestehen", sagt er, "aber die Möglichkeit dieser Technologie bietet natürlich ein offenes Tor in jeden Bereich des Privatlebens. Und wenn man das nicht einberechnet und nicht damit plant, dann kann das fatal enden."

"Oculus Rift"-Promo-Video auf Youtube - Screenshot: Oculus Rift
Oculus lässt auf Youtube in die "Rift"-Brille blicken

Svea Eckert ist aber überzeugt, dass die Konzerne im Silicon Valley sich kaum von staatlichen Regulationsbehörden stoppen lassen. "Die Internet-Industrie ist in den USA unheimlich mächtig geworden", sagt sie. "Man darf nicht unterschätzen, welche Lobby-Ausgaben sie tätigt, um Dinge, die in ihrem Interesse sind, durchzusetzen."