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Politik

Moskau legt im Fall Skripal verbal nach

21. März 2018

Russland und Großbritannien bewerten den Giftangriff von Salisbury weiterhin vollkommen konträr. Moskau bekräftigte, nichts mit dem Anschlag zu tun zu haben. Die Attacke sei möglicherweise von London inszeniert worden.

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Großbritannien Salisbury - Polizisten bereiten Equipment vor um den Tatort der Nervengiftattacke gegen Sergei Skripal zu untersuchen
Polizisten schaffen Analyse-Material der Chemiewaffenexperten von der OPCW an den TatortBild: Reuters/P. Nicholls

Es gebe nur zwei logische Erklärungen für den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter, sagte der Chef der Abteilung Rüstungskontrolle im Moskauer Außenministerium, Wladimir Jermakow. Entweder seien die britischen Behörden nicht in der Lage, Schutz vor solchen Terroranschlägen im eigenen Land zu gewähren. Oder sie hätten - direkt oder indirekt - selbst den Anschlag auf eine russische Staatsbürgerin inszeniert. Er wolle allerdings "nichts und niemanden beschuldigen", betonte er. Yulia Skripal ist Russin, ihr Vater hat die britische Staatsbürgerschaft.

Jermakow bezweifelte zudem, dass bei dem Anschlag ein Nervengift wie Nowitschok zum Einsatz kam. Bei der Verwendung eines militärischen Gifts hätte es "unvermeidlich" viele Todesopfer am Tatort gegeben, sagte er. "Aber das Bild, das sich in Salisbury bietet, ist ein ganz anderes." Der Diplomat bekräftige Moskaus Forderung, Einsicht in die Proben vom Tatort zu bekommen und in die Ermittlungen eingebunden zu werden.

Jermakow beklagt "Russophobie"

Jermakow äußerte sich bei einem von der russischen Regierung anberaumten Treffen, bei dem Moskau vor ausländischen Diplomaten seine Sicht auf den Fall Skripal darlegte. Als ihn ein britischer Diplomat auf mögliche russische Chemiewaffenprogramme ansprach, warf der ranghohe Ministeriumsvertreter Großbritannien "Russlandfeindlichkeit" vor. "Legen Sie ihre Russophobie ein bisschen ab, ihre Inselmentalität", sagte er. Die Botschafter der UN-Sicherheitsratsmitglieder Großbritannien, Frankreich, USA und China hatten eine Teilnahme an dem Treffen im russischen Außenministerium abgesagt. Sie schickten Vertreter.

Johnson sieht Verbindung zur Russland-Wahl

In London bekräftigte der britische Außenminister Boris Johnson seinerseits die Haltung der Regierung in London, dass der Giftanschlag von Russland organisiert worden sei. Ziel sei es gewesen, potenziell abtrünnige Agenten zu warnen, sagte Johnson vor einem Parlamentsausschuss. Präsident Wladimir Putin wolle zudem überall Ärger machen, damit er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sein Land wieder als stark bezeichnen könne. "Der Zeitpunkt (des Angriffs in Salisbury) ist wahrscheinlich eng mit den jüngsten Wahlen in Russland verbunden", fuhr der Außenminister mit Blick auf die russische Präsidentenwahl vom vergangenen Wochenende fort. Für Putin sei es möglicherweise reizvoll gewesen, genau zu diesem Zeitpunkt ein Feindbild heraufzubeschwören.

Inspektoren der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) haben inzwischen ihre Arbeit am Tatort in Salisbury aufgenommen. Die Analyse der Proben wird nach Angaben der UN-Organisation zwei bis drei Wochen dauern.

Der 66-jährige Ex-Doppelagent und seine 33 Jahre alte Tochter waren am 4. März in der südenglischen Stadt Salisbury bewusstlos aufgefunden worden. Sie kämpfen seitdem in einer Klinik um ihr Leben. Ursache ihrer Vergiftung ist nach britischen Angaben das Nervengift Nowitschok. Der Nervenkampfstoff wurde Ende der achtziger Jahre in der damaligen Sowjetunion im Auftrag der Regierung entwickelt. Nowitschok, übersetzt Neuling, gilt als eines der gefährlichsten Gifte, die je hergestellt wurden.

Skripal hatte Dutzende russische Agenten an den britischen Geheimdienst verraten, bevor er 2004 in Moskau inhaftiert wurde. 2006 wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt. 2010 fand er dann in Großbritannien Zuflucht, nachdem er im Austausch gegen russische Spione auf freien Fuß kam.

qu/se (rtr, dpa, afp)