Familienbetriebe - Rückgrat in der Krise
11. Mai 2014Siemens kennt man. Daimler auch. Und Bayer natürlich. Aber wem fällt etwas zu "Fischer" ein, zu "Schiedmayer" oder "M+C Schiffer"? Fischer ist weltbekannt für Dübel, ob zum Bilder aufhängen in der Wohnung oder für Stahlanker auf dem Bau. Schiedmayer ist der älteste noch bestehende Tasteninstrumentenhersteller der Welt. Und Produkte von M+C Schiffer hat jeder wahrscheinlich jeden Tag in der Hand. Das Unternehmen aus Schiffer an der Neustadt ist der größte konzernunabhängige Zahnbürstenhersteller der Welt. Ach so: Sie alle kommen aus Deutschland und sind Familienunternehmen.
Wie viele sogenannte "Hidden Champions", versteckte Weltmarktführer, es in Deutschland gibt, verwundert selbst Fachleute immer wieder. Ein neues Buch könnte das ändern: Das "Lexikon der deutschen Familienunternehmen" ist in Dresden gerade in der zweiten Auflage vorgestellt worden. Auf 1151 Seiten haben Florian Langenscheidt und Peter May Unternehmensdaten zusammengetragen, aber auch die Historie der oft in der siebenten oder achten Generation als Familienbetrieb geführten Firmen beleuchtet. Und besondere Leistungen der Unternehmer gewürdigt, die weltweit für Aufsehen gesorgt oder ganze Generationen geprägt haben.
Erste Auflage schnell vergriffen
Die erste Auflage des Lexikons von 2009 war schnell vergriffen. Eigentlich vor allem für die Wirtschaft, Interessenverbände und Politik konzipiert, bestellten unerwartet viele Privatleute das dicke Buch. Herausgeber Langenscheidt sagt, dass viele Leute das Buch gekauft haben, weil sie sich und ihr Leben darin wiederfinden: "Wenn Sie in die Küche oder ins Wohnzimmer gehen, dann sind die meisten Produkte, die da stehen, von Familienunternehmen produziert."
Aber ein Grund ist wohl auch, dass Familienunternehmen - im Gegensatz zu den meisten Großkonzernen - trotz Globalisierung noch regional verwurzelt sind und auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Dass die Firmenchefs jeden ihrer Mitarbeiter persönlich kennen, ist für viele Ehrensache - egal, ob das 50 oder 800 sind. "Die Mitarbeiter zählen in vielen Familienunternehmen immer noch mehr als Geld und Kennziffern", so Mit-Herausgeber Peter May.
Dresdner Backhaus in sechster Generation
Bestätigen können das die Mitarbeiter im "Dresdner Backhaus". Chefin Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller versorgt mit ihrer Bäckerei fünf eigene Filialen, macht vier Millionen Umsatz im Jahr - und bietet 80 Mitarbeitern einen sicheren Job. Dass sie im "Lexikon der deutschen Familienunternehmen" vorkommt, sieht sie als Auszeichnung. Bei der Präsentation in Dresden, nicht weit vom Sitz ihrer Firma entfernt, sagt sie: "Ich freue mich natürlich, dass ich das auch meinen Kindern geben kann. Der sechsten Generation. Und sagen kann: Guckt mal, wir stehen da drin. Wir sind was Besonderes, wir werden anerkannt für das, was wir tun. Startups haben sicher ihre Berechtigung. Aber Generations-Unternehmen, Familienunternehmen sind auch langfristig eine Zukunft und ganz wichtig für unser Land."
Das mag ein wenig übertrieben klingen. Ist es aber nicht. Dass Deutschland die Krisen der vergangenen Jahre weit besser überstanden hat als alle anderen europäischen Staaten, liegt vor allem an den vielen Familienunternehmen hierzulande. Die nämlich haben noch neue Jobs geschaffen, als große internationale Konzerne massenweise Leute auf die Straße setzten.
Vier von fünf deutschen Azubis lernen ihren Beruf in einem Familienunternehmen. Davon können unsere europäischen Nachbarn angesichts hoher Jugendarbeitslosigkeit nur träumen. Auch deshalb ist das "Modell Familienunternehmen" längst zum Vorbild geworden, für andere Länder weltweit. Und "German Mittelstand" ist mittlerweile ebenso ein Markenzeichen wie "Made in Germany". Vier große Stapel des neuen Lexikons waren bei der Buchpräsentation im Nu unter die Leute gebracht. Ein Ladenhüter wird die in 25.000 Exemplaren gedruckte neue Auflage sicher nicht.