Fast 30.000 neue Fälle: Wann kommt der Lockdown?
11. Dezember 2020In Deutschland werden angesichts der nach oben schnellenden Corona-Zahlen die Forderungen lauter, das öffentliche Leben schon vor Weihnachten drastisch einzuschränken. "Wir brauchen eine gesamtdeutsche Antwort", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittag in Düsseldorf. "Wir wollen keinen Flickenteppich in Deutschland, wo jedes Land eigene Wege geht." Laschet, der auch für den CDU-Vorsitz kandidiert, fügte hinzu: "Der Lockdown muss schnellstmöglich kommen." Die Schließung solle bis 10. Januar gehen, zugleich sollten Hamsterkäufe verhindert werden. Die Schulpflicht solle bleiben, aber die Präsenzpflicht werde aufgehoben. De facto können damit ab Montag im bevölkerungsreichsten Bundesland die Eltern entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Schulen schicken oder zu Hause halten.
Wer will eigentlich keinen Lockdown?
"Es ist klar, dass jetzt auch der Einzelhandel geschlossen werden muss. Wir müssen die Kontakte maximal einschränken", sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), am Morgen im Deutschlandfunk. Damit ist die Politikerin nicht allein. "Wir brauchen bereits in der kommenden Woche diesen bundesweiten, möglichst harten Lockdown inklusive Schulschließungen", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der "Rheinischen Post". Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte zuvor im ZDF weitere Maßnahmen gefordert, um einen neuen exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen zu verhindern.
Ausgangsbeschränkung in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg verhängt nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Grüne) ab dem 12. Dezember eine allgemeine Ausgangsbeschränkung. Dies teilte Kretschmann nach einer Kabinettssitzung in Stuttgart mit. "Die Maßnahmen treten morgen in Kraft." Der Handel bleibt nach den Worten Kretschmanns zunächst offen, allerdings wolle man Menschenansammlungen vermeiden. Um den weiteren Schritten und den Beratungen mit der Kanzlerin nicht vorzugreifen, wolle man mit den weiteren Maßnahmen warten.
Bund und Länder haben sich bisher nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen können. Noch ist auch nicht klar, wann sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten abstimmen wird. Manuela Schwesig bat in dem Deutschlandfunk-Interview um Verständnis dafür, dass man sich in dieser Lage zunächst einmal einig werden müsse. Auch unter den Virologen gebe es unterschiedliche Einschätzungen. Und Schwesig unterstrich: "Es gibt keine Bremser."
Höchstwerte in der RKI-Bilanz
Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitag sowohl neue Höchststände bei der Zahl der Neuinfektionen als auch der Zahl der Corona-Toten: 29.875 Menschen wurden danach innerhalb von 24 Stunden als neuinfiziert registriert - das sind gut 6000 mehr als am Freitag vor einer Woche. Insgesamt liegt die Zahl der Infektionen in Deutschland bei 1.272.078.
Auch die Zahl der an oder mit dem Coronavirus gestorbenen Menschen erreichte mit 598 innerhalb eines Tages einen neuen Höchstwert. Insgesamt gibt es damit bisher 20.970 registrierte Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus in Deutschland. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz schnellte nach oben. Das RKI gibt sie nun mit 156,3 an. Der Wert besagt, wie viele Menschen sich rechnerisch neu innerhalb von sieben Tagen auf 100.000 Einwohner anstecken. Ziel von Bund und Ländern ist eigentlich ein Wert von 50, damit Gesundheitsämter Infektionsketten wieder nachverfolgen können.
Worte des Präsidenten
So als wollte er die politisch handelnden Akteure ermutigen, äußerte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erneut zur Krise. "Die Lage ist bitterernst", sagte er am Freitag in Berlin zum Beginn einer Online-Gesprächsrunde mit Bürgern. "Wenn sich, wie zur Zeit, jeden Tag Zehntausende Menschen mit dem Virus infizieren, wenn täglich Hunderte an dem Virus sterben, dann bedeutet das wohl auch, dass wir unsere Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie dringend weiter verstärken müssen."
Söder im Impfzentrum
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) besuchte zusammen mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein vorbereitetes Impfzentrum in Nürnberg. Söder sprach mit Blick auf die hohen Infektionszahlen und auf die Vorbereitungen der Impfung von einem Tag der Hoffnung und der Sorge zugleich. "Wir spüren, es läuft uns davon."
Der Chef der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, warnte jedoch vor überzogenen Erwartungen an einen härteren Lockdown. "Es ist eine Illusion zu glauben, mit einem harten Lockdown von 14 Tagen ab Weihnachten bekommen wir die Pandemie in den Griff", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Nach dem Ende eines Lockdowns würden die Infektionszahlen mit den Lockerungen auch wieder steigen.
ml/mak (rtr, dpa, RKI, DLF)