FDP: Trauerflor und Frühlingsgefühle
23. April 2016Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt - die Freie Demokratische Partei (FDP) erlebte in kurzen Abständen ein Wechselbad der Gefühle. Erst die Freude über gute bis sehr gute Ergebnisse bei den drei Landtagswahlen am 13. März. Dann die Trauer über den Verlust von zwei liberalen Persönlichkeiten, die tiefe Spuren in der Partei hinterlassen haben. Am 18. März die Nachricht, dass Guido Westerwelle den Kampf gegen seine Leukämie-Erkrankung verloren hat. Und Ende des Monats starb die FDP-Ikone Hans-Dietrich Genscher.
Die Trauer über den Tod der beiden ehemaligen Außenminister überschattet auch den Bundesparteitag in Berlin. Zum Auftakt an diesem Samstag wird Parteichef Christian Lindner seine Amtsvorgänger ehren. Westerwelle stand von 2001 bis 2011 an der Spitze, Genscher von 1974 bis 1985. Die Namen der Verstorbenen stehen für prägende Etappen deutscher, aber auch liberaler Geschichte. Auf der einen Seite Entspannungspolitik und deutsche Wiedervereinigung. Auf der anderen 34 Jahre Regierungsbeteiligung seit 1969 und der tiefe Fall 2013, als die FDP erstmals aus dem Bundestag flog.
In Rheinland-Pfalz wird die FDP wahrscheinlich bald regieren
Die Rückkehr ins Berliner Reichstagsgebäude 2017 ist natürlich das wichtigste Ziel. Rund eineinhalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl wächst bei den Freien Demokraten die Zuversicht. Dafür gibt es gute Gründe. Die Umfrage-Werte pendeln sich momentan um die sieben Prozent ein. Und wichtiger noch: Bei den jüngsten Landtagswahlen legte die FDP nicht nur theoretisch, sondern tatsächlich zu. In Rheinland-Pfalz (6,2 Prozent) kehrte sie mit ihrem Spitzenkandidaten Volker Wissing nach fünf Jahren Abstinenz in den Landtag zurück und wird voraussichtlich gleich auf der Regierungsbank landen. Für das am Donnerstag vereinbarte Dreier-Bündnis mit Sozialdemokraten und Grünen fehlt nur noch die Zustimmung der jeweiligen Parteimitglieder.
In Baden-Württemberg (8,4 Prozent) will die FDP der sich abzeichnenden Koalition aus Grünen und Christdemokraten Druck machen. Einziger Wermutstropfen war das ganz knappe Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde in Sachsen-Anhalt (4,9 Prozent). Aber auch dieser Wert war gegenüber dem Ergebnis bei der Bundestagswahl (2,6 Prozent) fast eine Verdoppelung. Insgesamt setzt sich also der schon 2015 zu beobachtende Trend fort, als die FDP in den Stadtstaaten Bremen (6,6 Prozent) und Hamburg (7,4 Prozent) unerwartet erfolgreich abschnitt.
Das große Ziel 2017: Comeback im Bundestag
Entsprechend selbstbewusst gehen die Freien Demokraten in ihren Berliner Bundesparteitag hinein. Personalwahlen stehen keine an. Der seit Dezember 2013 amtierende Vorsitzende Christian Lindner genießt uneingeschränkten Rückhalt. Mit 37 Jahren ist er der jüngste Parteichef Deutschlands. Zu seinem jugendlichen Image passt der vom Bundesvorstand eingebrachte Leitantrag: "Chancen der digitalen Gesellschaft". Ob die FDP mit diesem Thema auch Wahlen gewinnen kann, wird sich im Herbst in Mecklenburg-Vorpommern und im Stadtstaat Berlin zeigen.
Viel schlechter als 2011 kann sie kaum abschneiden. Damals waren es im hohen Norden 2,8 Prozent und in der deutschen Hauptstadt sogar nur 1,8. In den jüngsten Umfragen zeichnete sich aber ein spürbarer Aufwärtstrend ab. Die Rückkehr in beide Parlamente erscheint möglich. Sollte dies misslingen, hätte die FDP allerdings ein altes und ein neues Problem. Im Osten Deutschlands bliebe sie weiterhin komplett in der außerparlamentarischen Opposition. Und der seit Anfang 2015 wehende Rückenwind würde seine Richtung drehen. Das wiederum wäre kein gutes Omen für die Bundestagswahl 2017.