"Feuchtgebiete" in Locarno
Der deutsche Wettbewerbs-Beitrag "Feuchtgebiete" läuft bei den Filmfestspielen in Locarno. Die Verfilmung des Romanerfolgs von Charlotte Roche geizt nicht mit schockierenden Details.
Sommerliches Kinovergnügen
Das Filmfestival im schweizerischen Locarno gilt als wichtige Plattform für den unabhängigen Film. Besondere Aufmerksamkeit erregen die vor rund 8000 Zuschauern gezeigten Freiluftaufführungen auf dem zentralen Platz der Stadt. Im Wettbewerb um den Goldenen Leoparden bewerben sich in diesem Jahr 20 Spiel- und Dokumentarfilme. Für Deutschland dabei: die Romanverfilmung "Feuchtgebiete".
Superstar Charlotte Roche
Die seit Langem in Deutschland lebende gebürtige Britin Charlotte Roche hatte 2008 einen Riesenerfolg mit ihrem Roman "Feuchtgebiete" feiern können. Das Buch wurde über 2,5 Millionen Mal verkauft, stand monatelang auf Platz 1 der Bestenliste. Die Autorin war als Moderatorin für Musikmagazine bekannt geworden, hatte aber auch als Sängerin und Schauspielerin Erfolg.
Die Verfilmung
Nach dem großen Bucherfolg war es nur eine Frage der Zeit, bis "Feuchtgebiete" auch verfilmt werden würde. Für Regisseur David Wnendt ist es ein großer Erfolg, dass er in den Wettbewerb der renommierten Festspiele in Locarno eingeladen wurde. Für Hauptdarstellerin Carla Juri ist es zudem ein Heimspiel. Die junge Schweizerin erhielt bei der Berlinale 2013 den European Shooting Star Award.
Umstrittene Themen
Im Buch hatte sich Roche auf sehr freizügige Weise mit Themen wie Sexualität und Körperhygiene beschäftigt. Das hatte ihr viele Leser gebracht, aber auch Empörung hervorgerufen. Sogar ein Verbot des Romans wurde gefordert. Doch die große Aufregung erhöhte damals nur die Auflage. Dem Film könnte gleiches passieren. Es ist eine sehr werkgetreue Umsetzung, die nicht auf explizite Szenen verzichtet.
Hochtalentierter Regisseur
Regisseur David Wnendt ist ein handwerklich gut gemachter Film gelungen. Zudem konnte er sich auf ein gutes Schauspielerensemble stützen, in dem Carla Juri herausragt. Renommierte Darsteller wie Axel Milberg oder Edgar Selge machen den Film stellenweise sehenswert. Ob man sich allerdings mit der freizügigen Gestaltung der Story anfreunden kann, muss jeder Zuschauer selbst entscheiden.
Phänomen Charlotte Roche
Die Geschichten, die Charlotte Roche in ihren Büchern erzählt, haben - bei aller Drastik - einen durchaus ernsten Hintergrund. Rund 70% aller Handlungselemente seien autobiografisch, hat Roche einmal erzählt. Auch in ihrem zweiten Buch, "Schoßgebete", griff sie Themen ihres Debüts wieder auf. Auch "Schoßgebete" wird gerade verfilmt - von Regisseur Sönke Wortmann.
Geschichte einer Jugend
Mit ihren Stoffen hat Roche offenbar einen Nerv getroffen. Viele junge Leser würden sich heute stark am Angebot für Erwachsene orientieren und nicht klassische Jugendbücher lesen, sondern Bücher wie die von Roche, sagte vor kurzem die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Jugendbuchverlage, Renate Reichstein. Auch die Verfilmung von "Feuchtgebiete" dürfte nun ein junges Publikum anziehen.
Im Rennen um den Leoparden
Ob der Jury "Feuchtgebiete" von Regisseur David Wnendt gefällt, das wird sich am 17. August zeigen, wenn das Festival in Locarno nach zehn Tagen zu Ende geht. Für Wnendt ist es schon ein Erfolg, im Wettbewerb des größten Schweizer Filmfestivals dabei sein zu dürfen. In Deutschland muss man noch ein paar Tage auf den Kinostart warten. "Feuchtgebiete" läuft am 22. August in den Filmtheatern an.