Feuerwalze überrollt Lytton in Kanada
2. Juli 2021Erst hatte der winzige Ort mit immer neuen Hitzerekorden international für Schlagzeilen gesorgt, dann kam die Feuerwalze. In kürzester Zeit wurde Lytton in der kanadischen Provinz British Columbia fast komplett zerstört. 90 Prozent der Kommune, darunter der ganze Ortskern, seien abgebrannt, teilte der Parlamentsabgeordnete Brad Vis mit. Bürgermeister Jan Polderman schilderte, er habe weißen Rauch gesehen. Gut eine Viertelstunde später habe die gesamte Gemeinde, die rund 150 Kilometer von Vancouver entfernt liegt, in Flammen gestanden.
49,6 Grad Celsius waren in dieser Woche in Lytton gemessen worden, der bisher höchste Wert in Kanada überhaupt. In der Folge brachen Waldbrände aus, ebenso wie in anderen Teilen British Columbias: Hitzegewitter führten zu Blitzeinschlägen; heftige Winde fachten die dadurch ausgelösten Feuer noch an, die sich auf einer Fläche von 65 Quadratkilometern durch den Baumbestand fraßen. Die Lage sei "außer Kontrolle" teilten die Behörden mit.
Ob sich alle 249 Einwohner Lyttons retten konnten, ist noch unklar. Die Menschen seien in verschiedene Richtungen in weiter entfernte Ortschaften geflohen, hieß es. Viele Strom- und Telefonverbindungen sind unterbrochen. Bilder zeigen dichte Rauchwolken, die über der hügeligen Landschaft hängen.
Schon die erdrückenden Temperaturen hatten Hunderte plötzlicher Todesfälle zur Folge, wobei es schwierig ist, eine eindeutige Ursache zu bestimmen. Im benachbarten US-Bundesstaat Washington gaben die Behörden die bisherige Zahl der Hitzetoten mit 16 an. Bei zwei von ihnen sei eine Hyperthermie, also eine Überwärmung des Körpers, nachgewiesen worden.
"Ernst wie nie zuvor"
In einem Dutzend Bundesstaaten der USA lodern bereits Feuer, die angesichts der ausgedörrten Böden und der trockenen Pflanzen leichtes Spiel haben. "Die Waldbrandgefahr ist in diesem Jahr so ernst wie nie zuvor", sagte US-Präsident Joe Biden bei einem virtuellen Treffen mit Gouverneuren der westlichen Bundesstaaten. In Kalifornien sind mehr als 1000 Feuerwehrleute im Einsatz. Einer der Brände hat sich dort auf ein Gebiet von über 80 Quadratkilometern ausgebreitet. Mehrere Tausend Menschen mussten ihre Häuser verlassen.
Experten warnen vor häufiger auftretenden Hitzewellen durch den Klimawandel. Auch Kanadas Regierungschef Justin Trudeau stimmte die Bevölkerung auf schwierige Bedingungen in der Zukunft ein: "Wir haben in den vergangenen Jahren immer mehr extreme Wetterphänomene dieses Typs erlebt. Realistischerweise wissen wir also, dass diese Hitzewelle nicht die letzte sein wird."
jj/wa (dpa, afp)